Brettspiel testet Sprachfähigkeit Wenn das Telefon trinkt

Sophie, Milla, Xenia und Ivo sind skeptisch. Immerhin haben die vier Kindergartenkinder aus Düsseldorf sich überreden lassen, mit Erzieherin Gabriele Werner und Grundschullehrerin Daniela Körber ein Brettspiel zu spielen. Hintergrund: In NRW sollen rund 180.000 Kinder, die in zwei Jahren eingeschult werden, auf ihre Sprachfähigkeit hin getestet werden.

Sprachtest in der Kita
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Je länger sie über Elefanten, Papageien und ungewöhnliche Telefone reden, desto mehr Spaß macht es ihnen. Für die Kinder ist der Test in der Kita einer evangelischen Gemeinde in Düsseldorf wirklich nur ein Spiel. Für die Medien sollen sie die erste Phase der "Sprachstandserhebungen" simulieren - weil Schul- und Jugendministerium die Ergebnisse eines echten Tests nicht durch die Anwesenheit von Journalisten verfälschen wollen. Nach kurzer Zeit scheinen auch die Fotografen bei den Kindern ganz vergessen. Mit Eifer sprechen sie Sätze nach, die ihnen Erzieherin Werner vorspricht, während sich Lehrerin Körber Notizen macht.

"Lisa ist fröhlich, weil sie ihre Brille gefunden hat", wiederholt Milla ohne Probleme. Auf diese Weise wollen die beiden Pädagoginnen testen, ob die Kinder einen Satz abspeichern und korrekt wiedergeben können. Wenn sie einer Giraffe ungewöhnliche Namen wie "Wakemo, Tami oder Bolimedu" geben, wird die Fähigkeit zur Lautbildung geprüft. Freies Erzählen über Tiere, die auf dem Brettspiel zu erkennen sind, gibt Aufschluss über den aktiven Wortschatz der Kinder. Und mit Quatschsätzen wie "Heute trinkt das schlaue Telefon einen Tisch" können Werner und Körber nachvollziehen, ob die Kinder einen Satz auch dann wiederholen, wenn er eigentlich keinen Sinn macht.

Nach etwa einer halben Stunde ist das Spiel vorbei, Ivo berichtet stolz, dass alles "ganz leicht" gewesen sei. Körber, Leiterin einer katholischen Grundschule, ist von dem Verfahren überzeugt: Durch das an der Universität Dortmund entwickelte Brettspiel "Delfin 4" würden Defizite "deutlich auffällig". Und zugleich merkten die Kinder gar nicht, dass sie getestet würden.

Es gebe Kinder mit großen Problemen, bei denen schnell gehandelt werden müsse. Bislang hätten die Schulen aber gerade die Eltern nicht erreichen können, deren Söhne und Töchter zur Risikogruppe gehörten. Das ist bei den Sprachstandserhebungen anders, weil sie verpflichtend sind.

Die Eltern werden von den Schulämtern angeschrieben. Kinder mit Auffälligkeiten werden ab Mai vertieft getestet: Nach Schätzungen der beiden zuständigen Ministerien wird anschließend jedes vierte Kind einen gezielte Förderung benötigen. Die Eltern stehen den Erhebungen offen gegenüber, wie Kindergarten-Leiterin Werner berichtet. Auch die Mutter von Maurice hält die Tests für sinnvoll. Ihr Sohn berichte Zuhause immer wieder, dass er manche Kinder gar nicht verstehen könne.

(afp)
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