Düsseldorf Warum Dirk Elbers nach Israel fährt

Düsseldorf · Schon seit Jahren pflegt die Stadt eine enge Partnerschaft mit Haifa. Nun reist OB Elbers erneut nach Israel und will den Jugendaustausch fördern. Und zwar vor allem mit deutschen jungen Leuten, die einen Migrationshintergrund haben.

 Der OB bei einem früheren Besuch in dem israelischen Künstlerdorf Ein Hod: Dirk Elbers und die Künstlerin Margol Guttman.

Der OB bei einem früheren Besuch in dem israelischen Künstlerdorf Ein Hod: Dirk Elbers und die Künstlerin Margol Guttman.

Foto: Stadt Düsseldorf

Wenn Düsseldorfs OB jetzt für fünf Tage nach Israel fährt, dann wird das keine Vergnügungsreise. Nicht nur wegen der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, die keinen Menschen unbeeindruckt lässt. Elbers wird mit vielen Menschen reden, auch über Wirtschafts- und Kulturthemen. Aber der Rathaus-Chef verfolgt vor allem eine Absicht: Er will beim deutsch-israelischen Jugendaustausch ein neues Kapitel aufschlagen. Denn ihm ist klargeworden, dass die heutige Jugend immer weniger erfährt über die Nazi-Zeit und den Völkermord an den Juden, für den Deutsche verantwortlich waren. Zeitzeugen sterben — und so wird es mehr und mehr unmöglich, Betroffene zu hören.

Zudem wachsen hier immer mehr Kinder heran, deren Eltern aus anderen Ländern, oft muslimisch geprägt, kommen. Viele werden Deutsche — und sie werden daher auch, so sieht es der OB, akzeptieren müssen, dass sie als Deutsche auch Teil einer Erinnerungskultur sind, die nicht verblassen darf und soll.

Elbers dazu: "Umfragen zeigen, dass insbesondere bei den Jugendlichen die Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten nicht mehr stark ausgeprägt ist. Dies hat zwei Gründe: Zum einen leben inzwischen immer weniger Zeitzeugen, die als Holocaustüberlebende ein persönliches, stark emotionales Zeugnis abgeben und damit in persönlichen Begegnungen die Erinnerungen an dieses Kapitel der deutschen Geschichte wach halten.

Zum anderen haben mittlerweile viele Kinder und Jugendliche mit einer Zuwanderungsgeschichte nicht mehr eine persönliche Beziehung zur deutschen Geschichte. Auch Kinder aus den deutschen Familien stellen heute oft die Frage: Was haben wir noch mit den Verbrechen des Nationalsozialismus zu tun? Warum müssen wir dafür Verantwortung tragen? Noch schwieriger ist es für Kinder aus den Zuwandererfamilien — ob aus dem osteuropäischen Raum oder den muslimisch geprägten Ländern: Viele werden aufgrund der Herkunft anders sozialisiert, es gibt keine persönliche Betroffenheit, keine Großeltern und Eltern, die eine unmittelbare Beziehung zur deutschen Geschichte haben. Und dennoch werden diese Kinder in Zukunft unsere Gesellschaft tragen und sie nach außen repräsentieren. Sie alle tragen nicht nur das schöne Erbe der Dichter und Denker in unserem Land mit, sondern auch die düsteren Erinnerungen an Auschwitz und Buchenwald."

Weil ihn dieses Thema umtreibt, will er den Jugendaustausch fördern — und dabei besonders darauf achten, dass die aus Deutschland nach Israel gesandten Jugendlichen aus Familien stammen, die ihren Ursprung in anderen Ländern haben, aber künftig Teil der deutschen Gesellschaft sein werden. Und umgekehrt will man in Düsseldorf darauf achten, dass hier ankommende Israelis solche jungen Leute kennenlernen. Um das Verständnis füreinander zu fördern.

Dass er sich dabei auf den verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, beruft und als Beispiel zitiert, ist naheliegend: Spiegel war Düsseldorfer, und in Israel hat er einen großen Namen. Elbers: " Erinnern hieß für Paul Spiegel vergegenwärtigen, sich gegen das Vergessen stemmen, jedwedem Verdrängen Einhalt gebieten. Unbeirrt von den Rückschlägen wie dem Brandanschlag auf die Synagoge seiner Düsseldorfer Heimatgemeinde lebte er seinen richtungweisenden Optimismus und seine Hoffnung weiter und bleibt uns allen heute noch immer ein Vorbild als Kämpfer gegen das Vergessen."

Elbers wird eine Reihe von Israelis treffen, er besucht Düsseldorfs Partnerstadt Haifa, er wird in Tel Aviv erwartet und — für ihn Premiere — auch Jerusalem besuchen. Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, Oded Horowitz, wird Elbers auf der gesamten Reise durch Israel begleiten.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort