Düsseldorf Kitas und Schulen helfen beim Frühstück

Düsseldorf · Überforderte Mütter, gestresste Berufstätige mit knapp getakteten Abläufen, arme Familien mit leeren Kühlschränken: Immer mehr Kinder gehen ohne Frühstück aus dem Haus. Initiativen, Betreuer und Pädagogen sorgen für Abhilfe.

 Claudia Toncourt und Wolfgang Heck von der Bürgerstiftung kümmern sich an der Grundschule Mettmanner Straße um ein gesundes Frühstück.

Claudia Toncourt und Wolfgang Heck von der Bürgerstiftung kümmern sich an der Grundschule Mettmanner Straße um ein gesundes Frühstück.

Foto: A. Endermann

Frühstücken, bevor man aus dem Haus geht: Für viele Düsseldorfer Kinder ist das keine Selbstverständlichkeit mehr. Die Zahl der Jungen und Mädchen ist inzwischen so hoch, dass immer mehr Kitas und Schulen die Aufgaben der Elternhäuser übernehmen.

Beispiel: Deutsches Rotes Kreuz. Als letzte von insgesamt zehn Kitas der Hilfsorganisation bieten künftig auch die Tagesstätten Sonnenhügel in Gerresheim und Düsselfüchse in Mörsenbroich das sogenannte "Rundum-Sorglos-Paket" an. Wer ganztags kommt, wird voll versorgt: Frühstück, Mittagessen und "Knusperzeit" am Nachmittag. 75 Euro kostet das im Monat. Wer die Kinder halbtags schickt, kann auch nur das Frühstück (sieben Euro) buchen. "Manche Kinder hatten nichts dabei, andere nur ein Schoko-Croissant oder eine Milchschnitte, wieder andere kamen mit hochwertigem Mehrkorn-Brötchen inklusive Salatblatt, hätten aber viel lieber das Nutella-Brot des Nachbarn gegessen. Diese Ungleichheit war nicht gut", sagt Rosa Mendes, die beim DRK den Kita-Bereich leitet. Deshalb habe das DRK ein für alle gleiches Frühstück mit Käse, Quark, Joghurt, Müsli, Obst und Gemüse flächendeckend eingeführt.

Dass die Zahl der Kinder, die mit leerem Magen zur Schule oder in den Kindergarten kommen, zunimmt, weiß auch Thorsten Jammers. Der Lehrer leitet die katholische Grundschule an der Mettmanner Straße in Flingern-Süd. Mehr als 100 seiner insgesamt 260 Schüler nehmen beim gemeinsamen Frühstück im Klassenverband — täglich um 9.40 Uhr — die Hilfe der Düsseldorfer Bürgerstiftung in Anspruch. Die beliefert die Schule mit nahrhaftem und gesundem Frühstück. "Diejenigen, die auf das Angebot zurückgreifen, zahlen 20 Cent", sagt Jammers. Außerdem nimmt seine Schule am jeweils zur Hälfte von der EU und dem NRW-Verbraucherministerium finanzierten Schulobstprogramm teil.

Wolfgang Heck koordiniert für die Bürgerstiftung das Projekt "gesund & munter". Sein Engagement konzentriert er auf Stadtteile mit besonderem sozialen Handlungsbedarf. "Wir haben zu Beginn des Projekts Schulen abtelefoniert. Es gab einzelne Klassen, in denen bis zu 70 Prozent der Kinder ,ungefrühstückt' in den Unterricht kamen." Manche dieser Kinder tragen zum Unterrichtsbeginn unter ihrer Jeans noch die Schlafanzughose. "Einige rennen als erstes aufs Klo, und wenn man sie fragt, warum das so ist, antworten sie: ,Mama schläft noch'."

Milieus, die auch Heike Vongehr gut kennt. Zwar wendet sich die Vorsitzende der Düsseldorfer Kindertafel gegen Verallgemeinerungen ("es gibt Hartz-IV-Familien, die sich rührend um ihre Kinder kümmern und den letzten Cent opfern"), dennoch seien die Probleme in ärmeren Familien naturgemäß größer. "Manche Mütter sind tatsächlich zu bequem, um früh aufzustehen und Butterbrote zu schmieren, andere haben massive psychische Probleme." Eine zunehmende Rolle spiele auch die gesellschaftlich eingeforderte Berufstätigkeit beider Elternteile. "Vieles geschieht morgens unter enormem Zeitdruck. Und manch eine Mutter ist mit der Doppelbelastung schlicht überfordert, würde dies aber heutzutage nicht mehr zugeben." Entscheidend sind für Vongehr aber nicht die Ursachen, "sondern dass wir mit Hilfe von Spendern rund 1000 Kindern an 27 Düsseldorfer Schulen ein gesundes Frühstück ermöglichen".

(RP)
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