Angebot der Evangelischen Kirche in Düsseldorf Telefonieren gegen die Einsamkeit

In der evangelischen Emmaus-Gemeinde werden ältere Menschen einmal in der Woche angerufen.

 Marianne Reintke-Vedder ist eine der Ehrenamtlichen, die am Nachbarschaftstelefon sitzt.

Marianne Reintke-Vedder ist eine der Ehrenamtlichen, die am Nachbarschaftstelefon sitzt.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Die evangelische Emmaus-Gemeinde bemüht sich, ihren Mitgliedern viele Begegnungsangebote bieten zu können. Nicht nur der wöchentliche „Röggelchentreff“, bei dem Pfarrer Martin Kammer und Pfarrerin Konstanze Meschke jeden Freitag zu einem kulinarisch begleiteten Gemeindetreff und Informationsaustausch im Gemeindehaus an der Friedenskriche einladen, ist fest im Wochenkalender verankert.

Auch die jüngst initiierten „Spaziergangspaten“, die als Ehrenamtler ältere und vereinsamte Gemeindemitglieder zu einem Spaziergang aus der Wohnung holen, sind mittlerweile schon eine feste Institution im Gemeindeleben. Doch was, wenn selbst ein langer Spaziergang für manche Mitglieder zu beschwerlich geworden ist? Oder dem Ehrenamtler für einen Gang unter der Woche die Zeit fehlt? Allein gelassen werden muss niemand, denn auch für solche Fälle hat die Gemeinde eine Lösung parat. Bereits seit über einem Jahr existiert dort das Nachbarschaftstelefon, welches sich genau an jene ältere und wenig mobile Menschen richtet. „Wir haben festgestellt, dass gerade die Mitglieder im höheren Alter es nicht mehr zu den Gemeindeveranstaltungen schaffen. Oft vereinsamen die Menschen dann immer mehr, weil der Freundeskreis langsam stirbt oder die Familie weggezogen sind. Zudem sind in einem Mehrfamilienhaus ständige wechselnde Mieter. Eine richtige Nachbarschaftskultur kommt so nicht auf, sondern muss gefördert werden“, erklärt Karen Martini. Die Gemeindepädagogin und Leiterin des Seniorenbüros ist gleichzeitig Initiatorin der Idee, welche vom Diakonie-Ausschuss der Gemeinde anschließend weiterentwickelt wurde.

Mittlerweile kümmern sich schon 15 Ehrenamtler um die Bedürftigen des Nachbarschaftstelefons, indem sie wöchentlich eine Stunde mit ihnen telefonieren. Die Vermittlung verläuft dabei über Martini selber, die genau schaut, wer mit wem zusammenpassen könnte. Im Rahmen einer Seminarreihe werden die Ehrenamtler dann für ihre Aufgabe sensibilisiert – zum Beispiel, wie man ein Gespräch am Laufen hält oder mit bestimmten Themen umgeht. Wird etwa über Depressions- oder Krankheitsthemen gesprochen, kann sich derjenige Ehrenamtler auch Supervision von der Düsseldorfer Telefonseelsorge einholen. In der Regel sind die Gespräche aber von lockerer Natur – denn beide Seiten sollen und wollen auch eine gewisse Distanz wahren, wie Martini erklärt. „Die Grundidee basiert ja eben nur auf einem nachbarschaftlichem Kontakt, sodass man sich nicht genötigt oder verantwortlich für diejenige Person fühlen soll“, betont sie.

So ist es auch bei Ehrenamtlerin Marianne Reintke-Vedder und ihrem mittlerweile einjährigen Kontakt  immer noch bei der förmlichen Anrede geblieben - obwohl sich die Verbindung zueinander schon sehr intensiviert.„Wenn man seinen Gegenüber sympathisch findet, bleibt das ja nicht aus“, erklärt die 69-Jährige. Die ältere Dame, mit der sie regelmäßig telefoniert, stehe zwar noch mit beiden Beinen voll im Leben. Eine Erblindung mache es ihr aber nicht mehr möglich, so wie früher aktiv am Gemeindeleben teilzunhmen. Das Verständnis zwischen den Gesprächspartnern entwickelte sich aber derart schnell, dass beide sogar schon zusammen Ausflüge ins Theater oder Museum unternommen haben. Während der Gespräche reiche das Themenspektrum zwischen der Dame und Reintke-Vedder über „traurige, politische, ernste oder verschmitzte Themen. Oder einfach mal nur quatschen.“ Besonders fasziniere sie jedoch immer wieder, wie die Dame trotz ihres Handicaps den Alltag noch alleine meistert.

„Das lässt einem auch viel über das eigene Leben nachdenken.“ Inzwischen ist Reintke-Vedder selbst Rentnerin und lebt fernab der Familie. Obwohl sie sich selber als wenig religiös bezeichnet, bedeute ihr der gemeinschaftliche Aspekt der Gemeinde jedoch sehr viel. „Projekte wie das Nachbarschaftstelefon finde ich großartig. Das ist für mich, was gelebte und moderne Kirche ausmacht“, sagt sie. Ein Modell, was vielleicht auch für andere Gemeinden praktikabel sein könnte.

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