Serie Mein Lieblingsstück Ein Spieltisch mit vielen Funktionen

Benrath · Anna Weidemann, Sprecherin der Stiftung Schloss und Park Benrath, hat es das grazile Möbelstück angetan.

 Stiftungssprecherin Anna Weidemann mag dieses grazile Möbelstück ganz besonders.

Stiftungssprecherin Anna Weidemann mag dieses grazile Möbelstück ganz besonders.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Wer sammelt, hat auch immer eines: Ein Lieblingsstück. Es kann die Farbe oder das Aussehen sein, warum wir etwas besonders schön finden, aber auch sein Alter oder vielleicht seine Geschichte. Wir haben Mitarbeiter von Museen und Archiven im Düsseldorfer Süden nach ihren Lieblingsstücken aus der Sammlung befragt. Zum Auftakt erzählt Anna Weidemann von der Stiftung Schloss von ihrem Favoriten.

Einen Billardtisch könnte man zweifelsohne auch als Spieltisch bezeichnen. Doch mit diesem robusten Klotz hat der Spieltisch in der Gäste-Etage unter dem Dach von Schloss Benrath nur den grünen Filz gemeinsam. Mit seinen Storchenbeinen ist er auf den ersten Blick erst einmal nur als prachtvolles, zierliches Möbelstück erkennbar. Doch Stiftungssprecherin Anna Weidemann weiß um sein Geheimnis. „In dem Tisch steckt ganz viel Witz. Es ist echter Wahnsinn, was die Leute im 18. Jahrhundert schon alles hingekriegt haben“, erklärt sie begeistert. Mit weißen Handschuhen zeigt sie auf eines der geschwungenen Tischbeine – es ist als Stütze ausklappbar.

Damit das kostbare Original keine Havarie erleidet, steht ein improvisiertes drittes Bein bereit. Anna Weidemann klappt die erste Tischplatte hoch und es öffnet sich eine quadratisch grüne Filzfläche. „Darauf konnte man Karten- oder Würfel­spiele machen und die Holzecken zum Ablegen der Würfel nutzen“, erklärt sie. Klappe, die zweite: sie offenbart ein Schachbrett auf glänzendem Holz. „An beiden Seiten sind für die Schachfiguren extra Fächer“, erläutert die Stiftungssprecherin. Der wahrlich zauberhafte Tisch hat noch mehr zu bieten. „Auf der dritten Ebene gibt es eine aufstellbare Buchstütze und sie ist als Schreibtisch nutzbar“, sagt Weidemann und demonstriert die Funktion.

Tatsächlich geht es noch weiter: Die vierte Fläche öffnet eine geteilte Filzplatte, die sich umklappen lässt. Darunter versteckt sich ein Backgammonfeld. Anna Weidemann schmunzelt bei der Vorführung ihres Lieblingsobjektes und meint: „Das entführt mich in die Vergangenheit, und ich kann mir gut vorstellen, wie die Leute damals gespielt haben.“ Sie selbst schätzt ebenfalls Gesellschaftsspiele. „Aber nicht solche, bei denen ich Alleinkämpferin bin, im Team macht das viel mehr Spaß“, bekennt sie.

Zwar ist der prächtige Tisch aus dem Jahr 1765 kein Original des Kurfürsten Karl Theodor. „Er stammt allerdings von David Röntgen und wir wissen, dass der Kurfürst Möbel von ihm besaß“, erklärt Anna Weidemann. Der Neuwieder Schreiner machte sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts weltweit einen Namen. Seine ausgeklügelten technischen Ideen und sein künstlerisches Talent faszinierten Könige und Fürsten.

Tatsächlich gibt es ein weiteres originelles Detail beim Spieltisch. „Die Beine lassen sich für den Transport einfach abschrauben“, erklärt Weidemann. Selbst wenn der Kurfürst das multifunktionale Werk nicht sein Eigen nannte, hätte er Gefallen da­ran gefunden. Schließlich war er viel unterwegs und seine Möbel reisten teilweise mit. Übrigens will die Stiftung Schloss und Park Benrath spezielle Führungen zum Thema Mobiliar in das Programm aufnehmen.

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