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Prädient Vom Chemiker zum Prediger

Düsseldorf · Rainer Jeschke wird Prädikant. Künftig darf er Gottesdienste abhalten, aber auch Taufen, Beerdigungen oder Trauungen übernehmen.

 „Ich will den Hauptamtlichen ja keine Konkurrenz machen, sondern sie bei den täglichen Pflichten entlasten“, sagt Rainer Jeschke.

„Ich will den Hauptamtlichen ja keine Konkurrenz machen, sondern sie bei den täglichen Pflichten entlasten“, sagt Rainer Jeschke.

Foto: Endermann, Andreas (end)

Rainer Jeschke ist kein Mensch, der das Wort Ruhestand wörtlich nehmen möchte. Vielmehr brennt der 61-Jährige auf eine neue Aufgabe, die nach der Pensionierung folgt. „Es macht richtig Spaß, nochmal etwas Neues kennenzulernen. Das ist ein kribbelndes Gefühl“, sagt er. Denn wenn der promovierte Chemiker am Ende des Jahres seine langjährige Tätigkeit bei Henkel in der Produktentwicklung und im Einkauf niederlegt, übernimmt er gleich die nächste, verantwortungsvolle Position. Zeremoniell ordiniert wurde er bereits vor zwei Wochen – nach Neujahr dann tritt Jeschke auch offiziell das Amt als Prädikant der evangelischen Kirchengemeinde Garath an.

Sein neues Aufgabenfeld ist vielfältig, denn Prädikanten übernehmen eine wichtige Rolle in der evangelischen Landeskirche. „Hier verwirklicht sich ein ur-evangelische Prinzip, denn schon Luther sprach vom „Priestertum aller Gläubigen““, erklärt Pressesprecher Ulrich Erker-Sonnabend. Als Laienprediger dürfen sie Gottesdienste abhalten, aber auch Taufen, Beerdigungen oder Trauungen übernehmen. Sogar das Abendmahl darf von Prädikanten ausgeteilt werden. Jeschke versteht sein zukünftiges Amt jedoch eher als unterstützende Funktion. „Ich will den Hauptamtlichen ja keine Konkurrenz machen, sondern sie bei den täglichen Pflichten entlasten“, sagt er. Dies war wohl auch einer der Gründe, wieso der Wuppertaler Pfarrer Hermann Lutze vor über 70 Jahren erstmals die Ordination von Laien vollzog. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs fehlte es allerorts an Pfarrern in den Gemeinden. Um die Gottesdienste weiter zu gewährleisten, ordinierte Lutze erstmals Laien, die anfangs noch „Predigthelfer“ genannten wurden.

Heutzutage wird man mit drei einwöchigen Kursen während einer zweijährigen Ausbildung für das Amt „zugerüstet“. „Allerdings ist es nicht mit der Ausbildung von Volltheologen zu vergleichen. Man muss zum Beispiel kein Griechisch erlernen“, sagt Jeschke. Stattdessen stehen Bibellehre, liturgische Dinge oder das Schreiben von Predigten auf dem Programm. Zudem müssen die Anwärter währenddessen bis zu zehn Gottesdienste leiten. Das Interesse an dem Laienamt ist jedoch groß – Jeschke stand über zwei Jahre als Anwärter auf der Warteliste.

„Ich habe schon lange mit dem Gedanken gespielt. Beruflich wie familiär bedingt fehlte mir aber die Zeit. Jetzt, wo die Kinder aus dem Haus sind und die Rente näher rückt, wollte ich es endlich angehen“, beschreibt der gebürtige Schleswig-Holsteiner, der seit 31 Jahren in Düsseldorf lebt, seine Motivation. Dass er dabei aus einem völlig anderen beruflichen Hintergrund kommt, empfindet er für seine neue Aufgabe nicht als problematisch.

„Im Gegenteil, es eröffnet für die Predigten ganz andere Blickwinkel auf die Bibeltexte. Nehmen wir die schlechten Hirten im Buch Hesekiel als Beispiel. Für die heutige Zeit lässt sich das als Wirtschaftsmensch mit Korruption vergleichen.“ Auch die Frage, ob sein Glaube jemals in irgendeiner Weise in Disposition zu seiner Arbeit als Naturwissenschaftler stehe, verneint Jeschke. „Mein Verständnis von Gott ist, dass er nicht mit naturwissenschaftlichen Mitteln bemessen werden kann. Wenn Menschen beispielsweise beten und hoffen, interagieren sie bereits mit Gott und er reagiert dadurch, dass die Menschen dabei innerlich ruhiger werden. Diese hormonelle Veränderung wäre dann wiederum chemisch nachweisbar“, sagt Jeschke. Das sei allerdings seine rein subjektive Einschätzung. „Wichtig ist, dass man auch lebt, was man glaubt.“

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