Düsseldorf Mit Nachtlinsen am Tag scharf sehen

Düsseldorf · Mit speziellen Ortho-K-Linsen für die Nacht können Kurzsichtige ihre Fehlsichtigkeit für einige Stunden ausgleichen und brauchen am Tag keine Brille mehr zu tragen. Augenärzte weisen allerdings auf einige Risiken hin.

Morgens aufwachen und klar sehen können: ein Wunsch vieler Kontaktlinsen- und Brillenträger, der jetzt in Erfüllung gehen kann. Das Konzept, das dahinter steckt, ist denkbar einfach, aber auch umstritten. Mit speziellen harten Kontaktlinsen, den so genannten Ortho-K-Linsen, wird die Hornhaut des Auges über Nacht so zusammengepresst und in Form gebracht, dass der Kurzsichtige am Tag ganz ohne Sehhilfe scharf sehen kann.

"Die Methode eignet sich für alle Kurzsichtigen mit einer Dioptrien zwischen minus zwei bis minus sechs", sagt Augenoptikerin Ilka Klein. In ihrem Geschäft an der Dominikanerstraße in Oberkassel passt sie im Monat im Schnitt zehn Patienten diese Linsen an. "In Deutschland ist die Therapie noch nicht so weit verbreitet, denn Kontaktlinsen haben keinen guten Ruf", sagt Klein. Dabei liegt, laut der Optikerin, der Vorteil dieser Behandlung klar auf der Hand: Denn anders als bei der Lasertherapie kann diese Veränderung der Hornhaut wieder rückgängig gemacht werden.

Wer sich für die Nachtlinse entscheidet, muss zu Beginn der Behandlung allerdings Geduld mitbringen. "In den ersten vier Wochen sieht man sich häufig, denn die Linsen müssen millimetergenau an die Hornhaut angepasst werden", erklärt Klein. Wenn das nicht fachmännisch gemacht wird, kann es passieren, dass die Linse morgens am Auge festklebt. "Dann darf nicht mit Gewalt vorgegangen werden, da sonst die Hornhaut verletzt werden könnte." Eher sollte die Linse mit speziellen Tropfen befeuchtet werden, um sie dann vorsichtig entfernen zu können.

Nach einer vierwöchigen Einstellungsphase sollte der problemlose Alltag beginnen. Nach sechs bis acht Stunden Tragezeit in der Nacht – länger auf keinen Fall – startet der Tag zum ersten Mal ohne Brille, dennoch scharf. "Der Effekt hält in der Regel neun Stunden, je nach Dioptrien", sagt Klein. Die Wirkung lässt allerdings über den Tag hinweg langsam und unmerklich nach. Gerade bei längerem Tagen mit abschließender Autofahrt kann das dazu führen, dass die Sehkraft nicht mehr optimal ist. "Wenn man weiß, dass man länger unterwegs ist, ist es ratsam, Eintageslinsen oder eine Brille mit schwacher Dioptrien dabei zu haben", rät Klein.

Ob sich diese Speziallinsen wirklich für jeden eignen, muss individuell getestet werden. "Manch einer kommt beispielsweise mit dem Fremdkörpergefühl im Auge über Nacht nicht zurecht oder hat eine zu verkrümmte Hornhaut und setzt die Linsen deswegen wieder ab", sagt Klein. Etwa ein Viertel ihrer Patienten entscheide sich nach einer Probephase gegen die Linse.

Die Methode ist allerdings teuer. Ein Paar Linsen kosten etwa 500 bis 600 Euro. Nach einem Jahr muss man damit rechnen, die Linsen auszutauschen. So können pro Jahr Kosten von mehr als 1000 Euro entstehen. Die gesetzlichen Krankenkassen unterstützen die Methode bislang nicht.

Augenarzt Joachim Best ist kein Freund der Nachtlinsen. Er warnt seine Patienten vor einigen Risiken. "Die Methode verändert die Hornhaut Nacht für Nacht", sagt er. "Da es bisher keine Langzeitstudien gibt, ist es schwierig, alle möglichen Gefahren richtig einzuschätzen." Er passt deshalb die Linsen in seiner Privatpraxis nicht an. Stiftung Warentest warnt vor einigen Punkten, die es bei normalen Linsen nicht gibt. Unter anderem sinke durch die Nachtlinsen die Sauerstoffversorgung des Auges und die Gefahr einer Augeninfektion steige.

(RP)
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