Deutschland-Reise für internationale Musikjournalisten Kraftwerk: berühmt auch in Bombay

Düsseldorf · Das Auswärtige Amt organisierte eine Deutschland-Reise für internationale Musikjournalisten. Ein Tag galt allein der Stadt Düsseldorf. Im Bus besuchte man die mythischen Orte der Rockgeschichte – etwa die Kling-Klang-Studios der Gruppe Kraftwerk. Betreten durfte man die jedoch nicht.

 An der Mintropstraße 16, wo Kraftwerk im Kling-Klang-Studio ihre bahnbrechenden Platten aufnahmen, machte die 14-köpfige Reisegruppe Erinnerungsfotos. Einzig ein Bild der Roboter-Puppen verweist auf die Band.

An der Mintropstraße 16, wo Kraftwerk im Kling-Klang-Studio ihre bahnbrechenden Platten aufnahmen, machte die 14-köpfige Reisegruppe Erinnerungsfotos. Einzig ein Bild der Roboter-Puppen verweist auf die Band.

Foto: Endermann, Andreas

Das Auswärtige Amt organisierte eine Deutschland-Reise für internationale Musikjournalisten. Ein Tag galt allein der Stadt Düsseldorf. Im Bus besuchte man die mythischen Orte der Rockgeschichte — etwa die Kling-Klang-Studios der Gruppe Kraftwerk. Betreten durfte man die jedoch nicht.

In diesen Tagen reisen 14 Musikjournalisten durch Deutschland. Köln, Hamburg, Berlin und das Melt-Festival sind Teil der Reiseroute. Organisiert wurde die Fahrt von der Initiative Musik, der Fördereinrichtung der Bundesregierung für die Musikwirtschaft in Deutschland, und dem Auswärtigen Amt. Nun stand Düsseldorf auf dem Programm.

An der Mintropstraße ist nicht viel los. In einem Friseursalon werden Haare geschnitten, daneben steht ein Ladenlokal leer. Ein Mann lässt sich einen Fahrradschlüssel aus dem zweiten Stock zuwerfen, fängt ihn nicht, sondern hebt ihn auf. Da, wo er sich bückt, klebt ein Stück Straßenkunst an der Hauswand. Ein Aufkleber, so groß wie ein Plattenspieler: Er zeigt die Mitglieder der Band Kraftwerk. Ohne Beine, als Maschinenmenschen. Und plötzlich ist die Mintropstraße belebt. Die Presseleute sind aus einem silbernen Kleinbus gestiegen, sie hielten vor den leerstehenden Geschäftsräumen gegenüber, überquerten die Straße und nun klickt und blitzt es überall: Jeder will ein Foto vom Kraftwerk-Überbleibsel.

Kenneth Lobo vom indischen "DJ Mag" sagt: "Zu Hause muss ich allen erzählen, dass ich hier war." Einst nahmen Kraftwerk hier ihre bahnbrechenden Platten auf, im Kling-Klang-Studio, das kaum jemand betreten durfte. Von dem keiner weiß, wo sich eigentlich der Eingang befindet. "Vielleicht diese Tür", sagt Stadtführer Michael Wenzel, "vielleicht diese." Die Reisegruppe schaut andächtig auf die Tür rechts, dann auf die Tür links. Wie beim Tennis. Kraftwerk sind längst Mythos und Legende. "They are pop culture", sagt Wenzel, ein eigenes Kapitel in der Pophistorie. So meint er das. Zustimmendes Nicken. Kraftwerk sind auch in Bombay eine große Nummer. Eigentlich überall auf der Welt.

"Wir wollen zeigen, wie vielfältig die musikalische Landschaft n Deutschland ist", sagt Kathrin Gemein von der Initiative Musik. Die Initiative Musik fördert im Auftrag der Bundesregierung deutschen Jazz, Rock- und Pop. "Besucherprogramm" heißt die Rundreise im Beamtendeutsch, ein schöner Titel für ein Kraftwerk-Album wäre das. Normalerweise richten sich solche Touren an Ingenieure und Chemiker, um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu bewerben.

Ausnahmsweise werden nun Pop-Hochburgen bereist. Die Delegation aus handverlesenen Kommunikatoren soll den Spirit in die Welt tragen. Den Spirit, so nennen sie das. Der Spirit vom Kling-Klang-Studio und vom "Pure Freude", früher ein Schallplattenlabel, heute ein Café gleichen Namens in der Carlstadt. Später noch geht es zum Ratinger Hof, dieser gefälligen Rock-Disco. Vom Punk-Spirit der 1970er ist nicht mehr viel geblieben.

Aus Brasilien, China und den USA sind die Besucher angereist, aus Russland und Indien. Sie wollen wissen, welchen Einfluss Düsseldorf auf David Bowie hatte und welcher Kraftwerk-Musiker noch gleich als Unsympath gilt. Immer wieder Kraftwerk.

Michael Wenzel, Düsseldorfer Szenekenner und — aus gegebenem Anlass — Reiseleiter für einen Tag, teilt, was er weiß. Ihm zur Seite steht Philipp Maiburg, der künstlerische Leiter des Musikfestivals "Open Source". Er hat den Rundgang konzipiert. Man habe sich auf elektronische Musik fokussiert. "Wir wollen zeigen, was diese Stadt bekannt gemacht hat", sagt er vor den Türen des "Creamcheese", dem ehemaligen In-Lokal in der Altstadt. Der junge Joseph Beuys feierte hier, weiß Wenzel.

Auch der verstorbene Musiker Wolfgang Riechmann wurde auf der Tour durch Düsseldorf gewürdigt. Vor seinem Wohnhaus hörte die Delegation Auszüge aus seinem jüngt neu veröffentlichten Album "Wunderbar". Zu Fuß ging es vorbei am Carlsplatz, nur ein paar Meter weiter wurde Riechmann 1978 von zwei Betrunkenen angegriffen und mit einem Messer niedergestochen. Drei Tage später erlag Riechmann seinen Verletzungen.

Zum Abschluss der Düsseldorf-Tour zog die Gruppe noch weiter in den Salon des Amateurs zur "Open- Source-Closing-Party" mit den Düsseldorfer Elektronik-Künstlern Stabil Elite und Harmonious Thelonious.

Düsseldorf sei für ihn eine Pilgerstätte, sagte einer der Journalisten.

(RP/ila)
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