1993 Finanzkrise ließ Brunnen versiegen

Düsseldorf · Der Kämmerer schließt 100 Millionen Euro minus bei der Gewerbesteuer nicht aus. Manche fühlen sich an 1993 erinnert. Damals brachen die Steuereinnahmen ein – wenn auch in einer verschuldeten Stadt. Auf rigidem Sparkurs wurden Brunnen still gelegt, Bäder und Museen geschlossen.

 Das Schifffahrt-Museum im Schlossturm stand in den 90er Jahren sogar ganz auf der Kippe, wurde durch privates Engagement gerettet.

Das Schifffahrt-Museum im Schlossturm stand in den 90er Jahren sogar ganz auf der Kippe, wurde durch privates Engagement gerettet.

Foto: rpo (Stefan Felten)

Der Kämmerer schließt 100 Millionen Euro minus bei der Gewerbesteuer nicht aus. Manche fühlen sich an 1993 erinnert. Damals brachen die Steuereinnahmen ein — wenn auch in einer verschuldeten Stadt. Auf rigidem Sparkurs wurden Brunnen still gelegt, Bäder und Museen geschlossen.

Es lag eine fast unheimliche Stimmung über Düsseldorf, als vor 16 Jahren der Kämmerer Herbert Vogt mit Oberstadtdirektor Peter Hölz die finanzielle Notbremse zog: Die Tradition, zu Ostern die Brunnen sprudeln zu lassen, entfiel 1993. Strom und Wasser gehörten auf die Sparliste der Stadt.

Die Brunnen blieben trocken, manche Straßen nachts unbeleuchtet, Hallenbäder geschlossen. Museen hatten kürzere Öffnungszeiten, verlangten aber mehr Eintritt. Manche, wie das Schifffahrtmuseum im Schlossturm standen sogar auf der Kippe, konnten nur durch privates Engagement gerettet werden. Auch die Zuschüsse für Karneval und Schützen wurden gestrichen.

"Wir können uns in Düsseldorf nicht länger nur allererste Prioritäten leisten", sagte Hölz 1992 bei der Einbringung des Haushalts. "Soll Neues rein, muss anderes raus." Mit diesen Worten beschrieb er die schwerste Krise der Nachkriegszeit.

Was war geschehen? Nachdem noch 1990 und 1991 bei der Gewerbesteuer mit mehr als einer Milliarde Mark (zirka 500 Millionen Euro) Rekordwerte erreicht worden waren, zeichnete sich schon bald ein dauerhaftes und größer werdendes Defizit ab. Das Haushaltsjahr 1993 wurde mit Gewerbesteuereinnahmen von nur 840 Millionen Mark abgeschlossen.

Hauptgarant für Wohlstand

Mit der Gewerbesteuer brach Düsseldorfs Hauptgarant für Wohlstand — bis heute mit einem Anteil von etwa 30 Prozent am Haushalt — ein, die Einkommensteuer stagnierte, Bund und Land zogen sich aus immer mehr Bereichen zurück. Die Stadt schob einen Investitionsstau vor sich her. Im Vermögenshaushalt standen langfristige Schulden von 3,1 Milliarden Mark, die bis Ende 1996 auf fünf Milliarden anwuchsen. Bereits 1992 musste täglich eine Million Mark für Zinsen und Tilgung gezahlt werden.

Kämmerer Vogt, heute Geschäftsführer bei der Messe, war sich mit Hölz darin einig, dass Handlungsfähigkeit nur auf Basis eines ausgeglichenen Haushalts möglich ist, wenn die Ausgaben also die Einnahmen nicht übersteigen. Als Konsequenz wurden Konzepte zur Haushaltssicherung aufgelegt. Vorgesehen war: städtische Leistungen abbauen, Entschuldung, Vermögen und Leistungen optimieren, Einnahmen erhöhen und städtische Töchter in die Konsolidierung einbinden.

Mehr als 60 Millionen Mark sollten so jedes Jahr zusätzlich eingespart werden. Konkret bedeutete das Kürzungen von Zuschüssen (für Rheinbahn, Bibliotheken, Oper, Schauspielhaus), Verkauf von RWE-Aktien, Einsparungen bei Personalkosten (Stellen wurden nicht neu besetzt). Später wurden die Hebesätze von Grund- und Gewerbesteuer erhöht. Erst 1999 waren alle seit 1991 aufgehäuften Fehlbeträge — in Spitzenzeiten mehr als 460 Millionen Mark — abgebaut, der Haushalt erstmals wieder ausgeglichen. Eine wichtige Basis für die Schuldenfreiheit 2007.

Die Freiheit von Schulden macht die Stadt bis heute frei. Zwar schließt Kämmerer Helmut Rattenhuber 100 Millionen Euro minus bei den Gewerbesteuereinnahmen angesichts der Krise nicht aus, "aber von Sparmaßnahmen wie 1993 sind wir weit entfernt". Die Stadt müsse auf die Bremse treten, vielleicht müssten manche Projekte auch aufgeschoben werden. "Sie werden aber nicht aufgehoben."

(RP)
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