RP-Aktion Filmschatz: So wuchs die neue Brücke

Der Düsseldorfer Paul Motay hat nach dem Zweiten Weltkrieg fleißig in der Landeshauptstadt gedreht. Für die RP-Edition "Filmschätze Düsseldorf" hat der 87-Jährige unserer Zeitung viele Rollen geliehen, die zeigen, wie die Oberkasseler Brücke gebaut und dann an ihren Platz geschoben wurde.

Filmschatz: So wuchs die neue Brücke
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Für einen guten Film ist Paul Motay so manches Risiko eingegangen. Am 7. April 1976 hat der Düsseldorfer seine Kamera am Rheinufer aufgebaut, um zu drehen, wie die Oberkasseler Brücke auf ihren Platz geschoben wird. Eine Geduldsprobe, denn die Brücke legt die erforderlichen Zentimeter für Zentimeter zurück.

Immer drängender spürt Motay ein all zu menschliches Bedürfnis, schließlich rennt er los. In einer Kneipe findet er eine Toilette, dann eilt er zurück zum Ufer, immer in der Hoffnung, dass seine Kamera noch da steht. Sie steht noch da, Motay vollendet seine Dokumentation, die er fünf Jahre zuvor begonnen hat.

Das Risiko hat sich auch mehr als 30 Jahre später gelohnt, denn Motay bereichert mit seinen Rollen das RP-Projekt "Filmschätze Düsseldorf”. Unsere Zeitung bittet Amateurfilmer leihweise um Zelluloid-Dokumente, die das Leben in Düsseldorf zwischen 1900 und 1989 dokumentieren. Sie bereitet sie für eine exklusive DVD-Edition auf, die ab Herbst im RP Shop erhältlich ist.

Das Format spielt dabei keine Rolle, aufbereitet werden kann alles von Acht-Millimeter-Filmen und Super 8 bis zu VHS. Das Material erhalten die Einsender nach dem Digitalisieren schnellstmöglich und im Originalzustand zurück.

Auch bei den Themen gibt es keine Einschränkungen, ob Karneval, Familienfest oder Stadtbummel ­ Hauptsache, Düsseldorf oder die nähere Umgebung spielen die Hauptrolle. Alle Einsender, deren Material in die Edition "Filmschätze Düsseldorf" aufgenommen wird, erhalten als Dankeschön eine persönliche DVD sowie eine Einladung zur exklusiven Premierenfeier. Dort könnte es Motays Werk nur in gekürzter Fassung zu sehen geben, denn der Düsseldorfer hat 16 Filme über die Oberkasseler Brücke gedreht: vom Baubeginn 1971 über das Richtfest im August 1973 und den Belastungstest im Dezember 1973.

"Da standen viele schwere Lastwagen auf der Brücke", erzählt der Amateurfilmer. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte zunächst eine Behelfsbrücke Oberkassel und die Innenstadt mit einander verbunden. Sie war der wachsenden Belastung nicht mehr angemessen. Nach dem erfolgreichen Belastungstest, wurde die Behelfsbrücke abgerissen, die neue Brücke rollte an ihren Platz.

Die Rollen über dieses außergewöhnliche architektonische Ereignis sind bei weitem nicht die einzigen Schätze über die Landeshauptstadt, die der 87-Jährige in seinem Filmschrank verwahrt. Vor allem der Karneval hatte es ihm angetan. Er drehte beim Rosenmontagszug, beim Tonnenrennen in Niederkassel und mit vielen Darstellern im eigenen Keller. Die Gäste seiner Karnevalspartys bat Motay sich passend zu einem Motto zu verkleiden und dann nach seinem Drehbuch zu schauspielern.

In "1001 Nacht" zaubert ein Magier zwei Männer in orientalische Kostüme und eine Wüsten-Kulisse, dort schweben der kleine Muck auf einem fliegenden Teppich durchs Bild ­ und halbe Hähnchen. "Die haben wir bei Hühner Hugo in der Altstadt gekauft", sagt der Regisseur.

Filme wie diese nahm Motay mit zu seinen Treffen mit Gleichgesinnten im Oberkasseler Schmalfilmclub. Auf der Kegelbahn einer Kneipe zeigten die Hobby-Regisseure ihre Machwerke und organisierten Touren zu den europäischen Amateur-Festivals, etwa nach Baku am Kaspischen Meer. Dort gastierte damals auch der sowjetische Staatschef Leonid Iljitsch Breschnew, der in einer schwarzen Limousine vorfuhr. Während alle nach vorne drängen, um einen Blick auf den sowjetischen Staatschef zu erlangen, hielt sich ein Mann im Hintergrund und filmte das ganze Theater: Paul Motay.

(RP)
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