Zwei Projekte gestartet Ärzte der Uniklinik wollen besser auf ihre Patienten eingehen

Düsseldorf · Abgefertigt statt gut versorgt: So fühlen sich viele Patienten beim Arztbesuch in Praxen und Kliniken. Das kann fatale Folgen haben. An der Düsseldorfer Uniklinik unternimmt man jetzt etwas dagegen.

 Hat die Patientin wirklich alles verstanden? Vermutlich nicht, denn gerade medizinische Fachausdrücke erschweren es Betroffenen, ihrem Arzt zu folgen.

Hat die Patientin wirklich alles verstanden? Vermutlich nicht, denn gerade medizinische Fachausdrücke erschweren es Betroffenen, ihrem Arzt zu folgen.

Foto: Uniklinik

Trotz Termin hat man eine gute Dreiviertelstunde gewartet, doch im Behandlungszimmer des Arztes dauert das Gespräch kaum mehr als ein paar Minuten. Dabei hatte man doch noch so viele Fragen und auch Sorgen, über die man hören wollte, dass sie unbegründet sind. Beim Blick in den Beipackzettel des verschriebenen Medikaments später daheim ist man dann erschrocken: So viele und auch noch schlimme Nebenwirkungen! Also stellt man es weg und hofft einfach, dass es einem schon irgendwann wieder besser gehen wird. Doch das passiert nicht.

Viele Patienten fühlen sich von ihrem Arzt nicht richtig verstanden, verstehen ihn wiederum wegen seines medizinischen Fachjargons nicht richtig und vermissen Einfühlungsvermögen und Zeit für ein intensives Gespräch. Das kann fatale Folgen haben, wenn zum Beispiel Medikamente falsch eingenommen werden: Nach Schätzungen sterben pro Jahr 30.000 Menschen bundesweit durch unerwünschte Nebenwirkungen und Wechselwirkungen von Medikamenten. Weil Patienten etwa nicht wissen, wie sie die Arzneien einnehmen sollen. Wer sich wiederum gut betreut und versorgt fühlt, hat bessere Heilungschancen. Doch im oft stressigen Alltag in Arztpraxen und Krankenhäusern kommt vieles zu kurz. An der Düsseldorfer Uniklinik will man das ändern und eine Vorreiterrolle in der patientenorientierten Kommunikation übernehmen. Gerade an der Uniklinik mit hochsensiblen Bereichen wie der Onkologie gibt es immer wieder Gespräche, bei denen Patienten dramatische Nachrichten überbracht werden müssen.

„Patienten fühlen sich mitunter im klinischen Alltag verloren, während das medizinische Personal manchmal den Druck spürt, emotionale Meldungen überbringen zu müssen, ohne sich dafür die nötige Zeit reservieren zu können”, sagt André Karger, Leiter des Bereichs Psychoonkologie am Universitätstumorzentrum und Oberarzt am Klinischen Institut für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Gerade junge Ärzte würden in ihrer Ausbildung zudem nur wenig darüber lernen oder später im Klinikalltag anwenden können. „Redet man aber aneinander vorbei, sorgt das für Unmut – das gilt für das private Umfeld wie für Krankenhäuser.“

An der Düsseldorfer Uniklinik gibt es daher nun zwei Pilotprojekte, bei denen es darum geht, herauszufinden, wie man die Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten, aber auch innerhalb der Klinik-Teams verbessern kann. „KomMent“ ist ein langfristiges Trainingsprogramm für ärztliche und pflegerische Mitarbeiter an der Klinik für Urologie, das vom Bundesgesundheitsministerium gefördert wird. „Wir haben in unserer Klinik regelmäßige Kommunikationsschulungen unserer Assistenzärzte und ein Mentoring-Programm eingeführt“, erklärt Professor Peter Albers, Direktor der Urologie. Erfahrene Kollegen begleiten und beraten die Assistenzärzte und helfen ihnen dabei, mit schwierigen emotionalen Momenten und Gesprächen umzugehen. „Wir arbeiten also nicht mit theoretischen Planspielen, sondern mit realen Situationen auf Station, bei denen die jungen Kolleginnen und Kollegen von den Mentoren unterstützt werden und sich auch in schwierigen Momenten sicher fühlen können. Von dieser beruhigten Situation profitiert der Patient direkt“, sagt Albers.

Studien zeigen, dass die Fähigkeit, gut zu kommunizieren, tatsächlich nicht mit der Erfahrung wächst, sondern möglichst kontinuierlich in der klinischen Praxis trainiert werden muss. Aktuell forscht das Team an der Düsseldorfer Uniklinik dazu, wie sich das Training nachhaltig in den Stationsalltag integrieren lässt und welche strukturellen Rahmenbedingungen in der Regelversorgung geschaffen werden müssen. Die Evaluierungsphase soll Ende kommenden Jahres abgeschlossen sein. Albers: „Erste Ergebnisse zeigen aber schon jetzt eine hohe Akzeptanz bei den jungen Ärzten, wie auch bei den Patienten.“

Doch auch innerhalb der Teams müsse die Verständigung funktionieren. „Der tägliche Klinikalltag ist möglich, weil alle Abteilungen und alle Mitarbeiter einer Abteilung – vom ärztlichen Dienst über die Pflege hin zur Verwaltung und Technik – zusammenarbeiten. Und auch hier muss die Kommunikation stimmen.“ Deswegen gibt es ein zweites Projekt, bei dem insbesondere die interdisziplinäre Kommunikation des ärztlichen und pflegerischen Personals für die Versorgung von onkologischen Patienten im Vordergrund steht.

Die von der Deutschen Krebshilfe geförderte Studie wird an den Onkologischen Zentren der Unikliniken in Düsseldorf, Aachen, Bonn, Köln und Münster durchgeführt, wobei die Düsseldorfer Mediziner die Projektleitung haben. „Die Laufzeit der Studie beträgt drei Jahre. Ziel ist es auch hier, die psychische Belastung von Patienten zu senken und die Arbeitszufriedenheit von Ärzten sowie das Stationsklima zu fördern. Eine große Herausforderung für die kommenden Jahre“, sagt André Karger. „Damit solche einzelnen Projekte auch längerfristig den Eingang in die klinische Versorgung finden, müssen neben der Finanzierung auch die strukturellen Rahmenbedingungen verbindlich geklärt werden.“

Beim nächsten Arztbesuch wird der Patient vielleicht dennoch nicht alle Fragen und Sorgen loswerden können. Doch er wird vielleicht mit dem Gefühl nach Hause gehen, dass jemand ihm zugehört und ihn ernst genommen hat und sein Bestes gegeben hat, damit es ihm wieder besser geht.

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