Gericht in Düsseldorf 96-Jährige darf kein E-Mobil mehr fahren

Düsseldorf · Mit ihrem Elektromobil rammte sie ein Motorrad und fuhr davon, weil sie zum Friseur musste.

 Die 96-Jährige musste ihren Führerschein abgeben.

Die 96-Jährige musste ihren Führerschein abgeben.

Foto: Wulf Kannegiesser

Mit 96 Jahren erstmals als Angeklagte vor Gericht – das ist einer Rentnerin aus Unterrath gestern beim Amtsgericht widerfahren. Mit ihrem Elektromobil (zugelassen bis Tempo 40) hatte sie beim Rangieren ein geparktes Motorrad angerempelt – und war weiter zu ihrem Friseurtermin gefahren. 900 Euro Strafe wegen Unfallflucht sollte sie zahlen und den Führerschein abgeben. Mit ihrem Protest sparte sie immerhin die Geldstrafe. Ihr überdachtes Elektromobil mit Versicherungskennzeichen gilt als „Kleinkraftrad“, ist also führerscheinpflichtig. Für die Seniorin kein Problem: Sie fuhr seit Jahren meist zum Friseur, „zweimal die Ecke rum“. An jenem Tag habe sie auch gemerkt, dass sie beim Rangieren vor dem Haus gegen das Motorrad der Nachbarn stieß. Die Maschine kippte um, der Schaden soll 1470,59 Euro betragen haben. Aber, konterte die alte Dame, sie habe gewusst, dass jene Nachbarn erst ab 16 Uhr zu Hause seien – und da ihr Friseurtermin um 14.15 Uhr war, habe sie pragmatisch gehandelt: „Ich dachte, ich gehe erst zum Friseur und sage den Leuten hinterher, dass ich das war.“ Doch als sie frisch frisiert daheim wieder vorfuhr, wartete schon die Polizei. „Ich möchte wieder fahren“, sagte die 96-Jährige zur Richterin: „Ich bin ja nicht dement oder senil.“ Ihr Anwalt: „Es ist ihre einzige Möglichkeit, sich in der Umgebung fortzubewegen, ihre letzte Lebensqualität, noch autark zu sein!“

Seufzend erkannte die Richterin das an: „Aber wir müssen berücksichtigen, ob andere gefährdet werden.“ Und diese Bedenken konnte die Seniorin nicht zerstreuen. Unter der Auflage, dass die Rentnerin ihren Führerschein jetzt abgibt, wurde das Verfahren eingestellt. „Dann bin ich also nicht vorbestraft“, so die Rentnerin zufrieden. Dafür muss sie in Zukunft aber für jeden Frisörbesuch sechs Euro für Hin- und für Rückfahrt per Taxi in Kauf nehmen. Oder sie lässt das Elektromobil auf sechs Stundenkilometer drosseln – dann braucht sie keinen Führerschein.

(wuk)
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