Berufe in Düsseldorf Friseure klagen über Billig-Konkurrenz

Düsseldorf · Die Zahl der Salons in Düsseldorf hat sich in den vergangenen 20 Jahren verdoppelt. Dementsprechend groß ist der Konkurrenzdruck. Billig-Anbieter und Schwarzarbeit machen regulären Betrieben das Leben schwer.

 Rene Krombholz, Sprecher der Friseur-Innung, fordert mehr fairen Wettbewerb.

Rene Krombholz, Sprecher der Friseur-Innung, fordert mehr fairen Wettbewerb.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Schwarzarbeit, Kleinstbetriebe, die keine Umsatzsteuer bezahlen, und Salons, die einen Meister nur auf dem Papier beschäftigen: Die Friseurbetriebe in Düsseldorf klagen über illoyale, ja teils illegale Konkurrenz. „Im Friseur-Handwerk haben wir relativ viele Probleme“, erklärt Rene Krombholz, Vorstandsmitglied der Friseur-Innung Düsseldorf. „Auf der einen Seite haben wir einen gravierenden Mitarbeitermangel. Der ist so groß, dass manche Betriebe schließen müssen, weil sie keine Mitarbeiter finden.“ Auf der anderen Seite seien zum 1. Juli dieses Jahres 445 Friseure in Düsseldorf arbeitslos und arbeitssuchend gemeldet gewesen.

„Obwohl praktisch alle Salons in Düsseldorf Mitarbeiter suchen, finden sie keinen“, so Krombholz weiter. „Die arbeitslos gemeldeten Friseure gehen lieber privat bei Leuten Haare schneiden und verdienen sich so Geld dazu.“ Dieses Verhalten schade aber den regulären Friseursalons. „Und bei den betroffenen Friseuren und in der Bevölkerung scheint da kein Unrechtsbewusstsein zu herrschen.“

Krombholz selbst sucht seit April dringend, aber erfolglos einen Mitarbeiter. „Der Sachbearbeiter der Arbeitsagentur sagte mir: ‚Sie wissen ja, wie das ist, die Leute gehen nebenher arbeiten’. Der Umstand ist also bekannt“, so der Friseurmeister. Aber nach Angaben der Agentur fehlten die Möglichkeiten zum Sanktionieren. „Dabei haben wir beste Bedingungen, bieten Weiterbildung, übertariflichen Lohn, Provision, Weiterbildung und viele Extras an.“

Zwar arbeiteten Zoll, Handwerkskammer und Innung eng zusammen, doch habe man das Problem bislang noch nicht in den Griff bekommen. Diesbezüglich habe auch im April eine Konferenz stattgefunden, um die Zusammenarbeit zu verbessern.

„Wir kontrollieren Salons regelmäßig auf Schwarzarbeit“, erklärt Klaus Salzsieder von der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls. „Und wenn da jemand arbeitet, der nicht angemeldet ist, hören wir immer dieselbe Geschichte. Die Person habe heute erst angefangen, mache ein Praktikum oder will einfach nur mal reinschnuppern, man wollte den Mitarbeiter gerade heute noch anmelden, hatte aber noch keine Zeit dazu. Idealerweise müsste man das mal länger beobachten, aber wir können uns ja auch nicht tagelang vor den Salon stellen.“

Und Friseure, die schwarz bei Kunden zuhause arbeiten, an die komme der Zoll ohnehin nicht heran. „Hier gilt das Grundgesetz und die Unverletzlichkeit der Wohnung“, so Salzsieder weiter. „Und das ist ja auch gut so.“

Und die Liste der Negativbeispiele ist lang. „Wir hatten beispielsweise im vergangenen Jahr einen Salon, der über Facebook geworben hat, dass er auch am Sonntag geöffnet hat, was natürlich verboten ist“, so der Friseurmeister. „Bei einer Überprüfung wurde festgestellt, dass dieser Salon weder eine Gewerbeanmeldung noch eine Eintragung in die Handwerksrolle hatte.“ Dieser Betrieb hätte mittlerweile einen „Meister auf Papier“ eingestellt und mache unter einem anderen Namen weiter.

„Ohne Gewerbeanmeldung hat er natürlich über Monate hinweg auch keinen Cent Steuern und Abgaben bezahlt – offensichtlich wird auch das nicht verfolgt, der Inhaber steht heute noch im Laden“, so Krombholz. Die Schnittstelle zwischen Handwerkskammer und Finanzbehörde funktioniere nicht so, wie sie sollte.

„Das nächste Problem ist, dass gut die Hälfte der Betriebe mit einer Ausnahmegenehmigung betrieben wird“, so Krombholz. Es entstünden immer neue Modelle mit Ausnahmegenehmigungen, wie für Bartschneider oder Barber, bei denen die Behandlung des Haupthaares oftmals aber nicht erlaubt ist, was aber vielfach unterlaufen werde. „Das hat dazu geführt, dass sich die Zahl der Betriebe seit der Jahrtausendwende auf rund 650 fast verdoppelt hat.“

„Das führt zu Umsatzrückgängen“, so Krombholz, „und das kombiniert mit steigenden Löhnen in Zeiten des Personalmangels kann leicht zum Aus für einen Betrieb führen.“

Der Wella Betriebsvergleich 2019 zeige deutlich, wo es kritisch wird. „Über 60 Prozent der bundesdeutschen Friseure kommen über einen Jahresumsatz von 100.000 Euro nicht hinaus. Für diese Größenordnung weist dieser Betriebsvergleich einen Gewinn von weniger als 1000 Euro pro Monat aus“, so Krombholz.

Problematisch sieht der Geschäftsmann auch, dass Kleinstbetriebe mit einem Umsatz bis zu 17.500 Euro jährlich keine Umsatzsteuer zahlen müssen. „Das sind pro Arbeitstag 70 Euro Einnahmen. Rechnet man da noch die Miete für den Salon, Energiekosten, Versicherungen, Waren und die Materialausgaben weg, dann bleibt da nicht viel übrig.“ In NRW würde das auf 34 Prozent der Betriebe zutreffen. Außerdem seien diese Unternehmen nicht nur von der Umsatzsteuer befreit, sondern müssten bei einem solch geringen Einkommen auch keine Einkommenssteuer bezahlen. Ein weiterer Vorteil für diese Unternehmen sei, dass sie geringere Krankenkassenbeiträge bezahlten und oft staatliche Hilfe zum Lebensunterhalt bekämen. „Das ist eine illoyale Konkurrenz, mit der wir nicht mithalten können.“

Das seien Vorteile, die direkt in die Preiskalkulation einflössen und durch die sie Leistungen deutlich preiswerter anbieten könnten „als ihre steuerzahlenden Mitbewerber“.

Rene Krombholz ist zudem Mitbegründer der Wertegemeinschaft „Fairer Salon“. „Das war noch in der Zeit vor Einführung des Mindestlohns, wo wir uns gegen Dumping-Löhne und miserable Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter zur Wehr gesetzt haben“, so der Friseurmeister. „Ich bin nicht nur für den Mindestlohn, sondern auch für höhere Löhne. Aber den Umsatz dafür kann man nur erwirtschaften, wenn sich alle an Gesetze und Vorschriften halten und diese Wettbewerbsverzerrung ein Ende findet.“

Das Friseurhandwerk stehe am Scheideweg. „Entweder das ehrbare Handwerk, mit Liebe und Sorgfalt, ehrlicher Beratung und kompetenten Fachkräften oder aber die Leistung zum kleinen Preis, schnelle Dienstleistung aus Kostengründen und reine Zweckmäßigkeit des Haarekürzens zum kleinen Preis.“

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