Kirchliche Büchereien in Dormagen Gute Bücher können auch heilig sein

Dormagen · Kirchliche Büchereien haben eine lange Tradition, leisten viel und unterscheiden sich kaum von kommunalen.

Was das Besondere von kirchlichen Büchereien ausmacht, bringt Pfarrer Peter Stelten auf einen ganz einfachen Nenner: „Das Buch und unsere Glaubensgemeinschaft gehörten immer schon zusammen. Wir sind eine Buchreligion“, sagt der katholische Geistliche mit Blick auf die Bibel (griechisch biblios: das Buch) als einem der Fundamente des Christentums.

Kirchliche Büchereien heutigen Typs sind freilich eine vergleichsweise junge Erscheinung:  In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam der Gedanke der „Förderung des guten Buchs“ auf, was dazu führte, „dass jeder Kirchturm eine kleine Bücherei haben sollte“, wie Stelten erzählt. In seinem eigenen Wirkungsbereich rund um St. Michael  gilt dies für vier der fünf Kirchen, wobei es „drei große und eine kleine Bücherei in Zons gibt.“

Was die inhaltliche Bestückung der kirchlichen Büchereien angeht, gibt es nach Auskunft der drei Leiterinnen Barbara Wolbrecht (Zur Heiligen Familie Horrem), Susanne Recktenwald-Oepen (St. Michael Dormagen) und Jacqueline Schuster (St. Katharina Hackenbroich) keine großen Unterschiede: Bestseller gehen halt immer gut und sind natürlich auch in den katholischen Büchereien ebenso  vorrätig wie das unverwüstliche Genre des Kriminalromans. Der eindeutige Schwerpunkt liegt Susanne Recktenwald-Oepen zufolge jedenfalls auf der Belletristik. Auch andere Medien, wie etwa DVD’s oder CD’s sind kein Unterscheidungsmerkmal: Schon als es noch kleine Hör- und größere Videokassetten gab, gehörten die zum Sortiment kirchlicher Büchereien. Bücher, die sich mit religiösen Fragen, insbesondere dem Christentum beschäftigen, gehören natürlich  gleichfalls zum Bestand, machen aber keineswegs dessen Mehrheit aus.

Wobei Peter Stelten die Frage aufwirft, was überhaupt religiöse Literatur sei. Er bevorzugt da eine durchaus weitgehende Definition: „In jedem guten Buch steckt ein Stück heiliges Buch.“  Als Beispiel nennt er ein Werk über den von Mildred Scheel geführten Kampf gegen den Krebs und die von ihr in Jahrzehnten geleistete Aufklärungsarbeit: „Ich weiß gar nicht, ob sie religiös war, doch es handelt sich um ein christliches Werk“, betont Peter Stelten. Wobei es freilich auch Druckerzeugnisse gibt, die weder als „gut“ und schon gar nicht als „heilig“ gelten können: Gewaltverherrlichung etwa hat in den katholischen Büchereien keinen Platz.

Einen großen Stellenwert genießt nicht allein in Horrem der Bereich der Kinderbücher. „Wir arbeiten mit der Christoph-Rensing-Schule sowie dem katholischen und evangelischen Kindergarten zusammen“, berichtet Barbara Wolbrecht.

Evangelische Büchereien unterscheiden sich im Grundsatz nicht von den katholischen wie Insea Hurtienne deutlich macht, die die Evangelische Öffentliche Bücherei in Nievenheim leitet, die mit fast 10.000 Medien zu den größten evangelischen Büchereien in ganz NRW zählt. Angesichts der großzügigen Räumlichkeiten an der Bismarckstraße womöglich ein Alleinstellungsmerkmal unter den Dormagener Büchereien: „Wir nehmen auch alte Bücher an“, sagt Insea Hurtienne. Die werden bei Gemeindefesten oder bei Bücherflohmärkten wieder unters Volk gebracht, wobei der hierfür zuständige Bücherei-Mitarbeiter offensichtlich ein geschicktes Händchen hat: Aus den Einnahmen kann die Bücherei gleich neue Bücher kaufen. „Direkt vom Bücherhandel“ ist die erklärte Devise von Insea Hurtienne, die früher u.a bei der Buchhandlung „Seitenweise“ gearbeitet hat.

Gemeinsam ist allen kirchlichen Büchereien, unabhängig von der Konfession, dass sie sich auch als Orte der Begegnung verstehen. Jacqueline Schuster etwa steht keineswegs  allein mit ihrer Haltung, die Bücherei fast schon „als zweites Wohnzimmer“ anzusehen.

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