Förderverein Bürgerhaus Friedrichsfeld Was in Voerde aus dem Blickwinkel geriet

Voerde · Ein Buch des Fördervereins „Bürgerhaus Friedrichsfeld“ behandelt Ereignisse, die im Jahr 2020 nicht genügend gewürdigt wurden. Ein Beitrag befasst sich mit dem vor 150 Jahren errichteten Barrackenlager.

 Fabian Merker, Sabine Krüger und Heinrich Kruse (v.li.) bei der Vorstellung der neuen Veröffentlichung des Fördervereins „Bürgerhaus Friedrichsfeld“.

Fabian Merker, Sabine Krüger und Heinrich Kruse (v.li.) bei der Vorstellung der neuen Veröffentlichung des Fördervereins „Bürgerhaus Friedrichsfeld“.

Foto: LF/Lars Fröhlich

2020 wird als das Jahr der Pandemie in die Geschichtsbücher eingehen. Die Corona-Krise hat vieles überlagert – und so manche Ereignisse, derer gedacht und die öffentlich gewürdigt werden sollten, seien dabei etwas aus dem Blickwinkel geraten, ist in dem neuesten Werk des Fördervereins „Bürgerhaus Friedrichsfeld“ zu lesen. Mit der fast 200 Seiten starken Schrift sollen drei Geschehnisse in Erinnerung gerufen werden, die 2020 ihren Jahrestag haben. Es sind Ereignisse, die für Friedrichsfeld, für die Region oder für die ganze Welt von großer Bedeutung waren: Fabian Merker, einer der beiden Autoren des Buches „2020 – Jahrestage in Friedrichsfeld“ rückt im ersten fast 130 Seiten umfassenden Kapitel den Bau des Barackenlagers für die Soldaten der Garnison Wesel, deren Gebäude das Ortsbild rund 80 Jahre bestimmen sollten, in den Mittelpunkt. Die März-Unruhen von 1920 und das Ende des Zweiten Weltkrieges vor 75 Jahren beleuchtet aus der Friedrichsfelder Sicht.

„Zu dem Barackenlager wurde schon sehr viel geforscht. Man musste das einmal zusammenfassen“, erklärt Fabian Merker, der von den Recherchen der Voerder Autorin und Buchhändlerin Sabine Friemond-Kund für ihr neues Buch „Teufelskuhle“ erzählt. Zu dem Thema etwas Komprimiertes zu finden, sei schwierig gewesen.

1870 sei eines der bedeutendsten Jahre, wenn nicht gar das wichtigste Jahr für die Entstehung und Entwicklung Friedrichsfelds gewesen. Das Barackenlager könne als dessen „Keimzelle“ bezeichnet werden. Der Ort habe sich um jenes vor 150 Jahren errichtete Lager weiterentwickelt. Nach dem Ende der Militärzeit seien Flüchtlinge und Vertriebene aus den nach dem Ersten Weltkrieg „abgetretenen Gebieten“ in die Gebäude eingezogen und hätten einen Großteil der damaligen Friedrichsfelder Bevölkerung gebildet, schreibt Merker.

Verschiedene Heimatforscher hätten in den vergangenen Jahrzehnten durch das Sammeln schriftlicher Quellen, Postkarten und Fotos dazu beigetragen, dass die Arbeit an dem Buch überhaupt möglich geworden sei. Auch Schulchroniken sind ein wichtiger Fundus – sie legen Zeugnis über das Geschehen, über den Alltag ab. So erfährt der Leser etwa aus einer Notiz aus dem Januar 1921, dass im früheren Offizierskasino für die Flüchtlingskinder Schulklassen errichtet wurden.

Wie im Kapitel zur Errichtung des Barackenlagers konnte auch Autor Heinrich Kruse in seinem Beitrag „100 Jahre – Die März-Unruhen von 1920“ auf viel Bildmaterial zurückgreifen und auf zahlreiche Informationen. Das unter anderem auch als Ruhr- oder Spartakusaufstand genannte Geschehen habe auch hierher „erbitterte Kämpfe, Tod und Zerstörung“ gebracht.

Heinrich Kruse beginnt seinen Beitrag mit dem Auszug aus einem Artikel zur örtlichen Geschichte, den Pfarrer Wilhelm Kolks verfasst hat. Im Ruhrgebiet waren im März 1920 nahezu überall bewaffnete Arbeitereinheiten entstanden: Diese sogenannte Rote Armee habe sich als „Widerstand der Arbeiter des Ruhrgebiets gegen die Reichswehrtruppen und Freikorps“ gebildet, habe aber auch versucht, die kommunistische Revolution, „wie sie vorher in Russland geschah, in Deutschland zu initiieren“, schreibt Kolks. Bei den Kämpfen starben auch Bürger der damaligen Gemeinde Voerde.

Das Ende des Zweiten Weltkrieges vor 75 Jahren ist in dem neuen Buch des Fördervereins „Bürgerhaus Friedrichsfeld“ insbesondere anhand von Dokumenten und Bildern überwiegend aus amerikanischen Quellen dargestellt. Nach Friedrichsfeld kam die US-Armee am 25. März 1945. Dort „fand Oberst Treherne ein Gebäude“, das als Lazarett brauchbar schien. Gemeint war die damalige Schule an der Wilhelmstraße. Mit ihrer Arbeit liefern Fabian Merker und Heinrich Kruse dem interessierten Leser ein Stück Friedrichsfelder Geschichte – mit einer guten Mischung aus historischen Dokumenten und Fotos, aber auch Zeitzeugen-Berichten, die das Geschehen erst greifbar machen.

300 Stück hat der Förderverein „Bürgerhaus Friedrichsfeld“ von „2020 – Jahrestage in Friedrichsfeld“ drucken lassen. Die knapp 140 Mitglieder bekommen ein Exemplar geschenkt – schließlich habe in diesem Jahr coronabedingt praktisch kein Vereinsleben stattgefunden, erklärt die Vorsitzende Sabine Krüger, die Korrektur gelesen hat.

(P.K.)
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