"Sie grasen alles ab" Südamerika-Banden auf Diebestour in NRW

Düsseldorf · Taschendiebe aus Südamerika sind derzeit im Raum Düsseldorf aktiv. Sie werden von Großmessen angelockt, bei denen viele Geschäftsmänner unterwegs sind. Der Arbeitstag der Diebe beginnt schon am Frühstücksbuffet.

Taschendiebe - das sind ihre Maschen
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Die Tricks der Taschendiebe - davor warnt die Polizei

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Foto: Polizei Köln

Auf den Bahnsteigen in und rund um Düsseldorf herrschte seit Tagen viel Gedränge. In den Zügen standen die Menschen dicht an dicht. Grund für das Chaos war die Fachmesse Medica, zu der bis Donnerstag 120.000 Besucher aus 130 Nationen gekommen waren. Das lockt Profi-Taschendiebe aus Süd- und Mittelamerika an. "Es kommen Einzeltäter und Banden. Sie kommen eigens für die Messe nach Düsseldorf und grasen alles ab", sagt Kriminaloberrat Jörg Iserath vom Düsseldorfer Polizeipräsidium. "Dabei handelt es sich um hochkarätige Taschendiebe, die darauf spezialisiert und weltweit aktiv sind."

Messezeit für Diebe attraktiver als Weihnachtszeit

Die Messezeit habe die Weihnachtszeit als Hochphase für Taschendiebstähle abgelöst, heißt es bei der Polizei der Landeshauptstadt. "Auf den Weihnachtsmärkten zeigen wir sehr starke Präsenz. Das freut die Besucher, schreckt aber die Kriminellen ab", sagt Düsseldorfs Polizeisprecher André Hartwich. Die Taschendiebe zur Weihnachtszeit seien auch andere als die an den Messetagen. "Das Weihnachtsgeschäft machen vor allem regionale Kriminelle", betont Hartwich. Und das etwa nicht auf den Weihnachtsmärkten, sondern in den Geschäften, den öffentlichen Verkehrsmitteln und den vollen Fußgängerzonen. Mehr als 15 Millionen Euro Schaden richteten Taschendiebe im vergangenen Jahr in NRW an. Fast 80 Prozent der Tatverdächtigen sind laut polizeilicher Kriminalstatistik nichtdeutsch. Besonders hoch ist demnach der Anteil algerischer und marokkanischer Staatsangehöriger, von denen viele in Banden organisiert und Mehrfachtäter sind.

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Foto: dpa, tsn

Messen wie die Medica ziehen hingegen Profi-Taschendiebe aus Südamerika an, weil es sich bei den Besuchern in erster Linie um Gutverdiener handelt, die viel Bargeld, Kreditkarten und wertvolle technische Geräte wie Laptops, i-Pads und Smartphones bei sich haben. "Mit einem einzigen Griff erbeuten die Diebe 2000 bis 3000 Euro", sagt Iserath. Dem erfahrenen Kriminaloberrat zufolge quartieren sich die Täter für die Messetage in Hotels ein. Ihr Arbeitstag beginnt dann auch in deren Frühstücksräumen. Dort halten sie nach Opfern Ausschau. "Wenn jemand den Tisch verlässt, um sich etwas am Buffet zu holen, schlagen sie zu", sagt Iserath. "Sie greifen sich dann Taschen oder holen Portemonnaies aus den Sakkos, die über den Stühlen hängen." Sozusagen nach dem "Frühstück" suchen die Profidiebe die überfüllten Bahnsteige auf. Im dichten Gedränge ziehen sie Wertgegenstände aus Jacken und Taschen. Dabei schubsen und drängeln sie gezielt, um für zusätzliche Unruhe und Ablenkung zu sorgen. Auch auf der Messe selbst schlagen die Kriminellen zu. "Sie nutzen aus, dass ihre Opfer durch ihre Geschäfte abgelenkt sind und nicht auf ihre Sachen achten", betont der Kriminaloberrat. "Viele merken erst, dass sie bestohlen wurden, wenn die Täter längst weg sind", sagt er.

So geht die Polizei gegen die Diebe vor

Die Polizei ist aber nicht machtlos gegen die Profi-Taschendiebe aus Lateinamerika. Es existieren entsprechende Karteien und Fahndungsdatenbanken. Die Ermittler arbeiten eng mit allen beteiligten Akteuren zusammen. Für die Hoteliers gibt es spezielle Kontaktbeamte, die im Ernstfall schnell gerufen werden können - wie zum Beispiel am Mittwoch. In einem noblen Hotel wurde einem Gast aus Indien Geld in indischer Währung gestohlen. Sofort wurde der Kontaktbeamte verständigt. Dieser suchte daraufhin umgehend eine einschlägig bekannte Geldwechselbank am Hauptbahnhof auf. Dort entdeckte er dann tatsächlich den Dieb dabei, wie er die indische Währung umtauschen wollte, und nahm ihn fest.

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Zudem sitzen auch zivile Fahnder der Polizei in den Frühstücksräumen der Hotels, um ihrerseits nach den Kriminellen Ausschau zu halten. "Man kann das den Dieben ansehen. Die verhalten sich anders, haben einen anderen Blick als der normale Frühstücksgast. Das erkennen wir sofort", sagt Iserath.

In den vergangen Tagen konnte die Polizei in Düsseldorf zehn Taschendiebe fassen, darunter auch international tätige Taschendiebe, wie einen 62-Jährigen, der einen Messegast aus Australien bestohlen hatte. Die Bundespolizei konnte zudem drei Taschendiebe aus Süd- und Mittelamerika im Alter von 18, 50 und 56 Jahren in einem Zug festsetzen, die Fahrgäste angingen und deren Rucksäcke öffneten.

(csh)
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