20 Polizisten werten Datenmaterial aus Missbrauchsfall von Bergisch Gladbach - eigene Kinder sollen die Opfer gewesen sein

Langenfeld/Kamp-Lintfort · Im Fall des mutmaßlichen sexuellen Missbrauchs in Bergisch Gladbach ist ein vierter Haftbefehl erlassen worden. Bei den Opfern soll es sich um die Kinder der Beschuldigten handeln. Der NRW-Innenminister sieht Unterschiede zu Lügde.

Bergisch Gladbach: Mutmaßlicher Missbrauch in Langenfeld und Kamp-Lintfort
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Vier Festnahmen in Missbrauchsfall von Bergisch Gladbach

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Foto: dpa/Marius Becker

Der im Raum Langenfeld festgenommene Mann war am Donnerstag dem Haftrichter vorgeführt worden. Er sitze nun in Untersuchungshaft, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Düsseldorf.

Bislang gehen die Kölner Polizei und Staatsanwaltschaft Köln in dem Fall von sechs Opfern im Alter zwischen unter einem Jahr und zehn Jahren aus. Bei den mutmaßlichen Missbrauchsopfern handele es sich um die Kinder oder Stiefkinder der Beschuldigten.

Ins Rollen kamen die Ermittlungen, als die Staatsanwaltschaft Kassel im Zuge eines anderen Verfahrens wegen Kinderpornografie auf einen 42-jährigen Deutschen aus Bergisch Gladbach stieß. Der Mann wurde am Dienstag vergangener Woche festgenommen und sitzt seitdem wegen des Verdachts des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern sowie der Herstellung und Verbreitung von Kinderpornografie in Untersuchungshaft.

Nach Angaben der Kreispolizei Bergisch Gladbach soll er in seiner Wohnung Kinder missbraucht, die Taten gefilmt und weiterverbreitet haben. Die Ermittler fanden mehrere Terabyte Bilder und Videos. „Das ist eine Riesen-Datenmenge - Tausende Bilder und Videos“, sagte der Sprecher der Kreispolizei.

Der Verdächtige aus Bergisch Gladbach sei bislang nicht polizeilich in Erscheinung getreten, sagte Kriminaldirektor Becker bei der Pressekonferenz am Donnerstag. Der Durchsuchungsbeschluss habe erst mit Wochen Verspätung vollstreckt werden können, weil der Mann zum geplanten Zeitpunkt mit seiner Frau und seiner Tochter im Urlaub gewesen sei.

Durch die Auswertung seiner Chat-Verläufe kamen die Ermittler drei weiteren Verdächtigen auf die Spur. Ein 26-Jähriger aus Kamp-Lintfort wurde im Zuge der Ermittlungen festgenommen. Bei einer Durchsuchung am Donnerstag vergangener Woche habe sich auch bei ihm der Verdacht des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern bestätigt, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Moers. Der 26-Jährige sei Bundeswehrsoldat, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Kleve der Deutschen Presse-Agentur. Er befindet sich in U-Haft.

Ein weiterer Verdächtiger (38) wurde bei den Ermittlungen in dem Fall am vergangenen Freitag im hessischen Niedernhausen festgenommen und in Untersuchungshaft genommen, wie die Wiesbadener Polizei am Donnerstag mitteilte.

Nach Angaben von Becker tauschten die vier Verdächtigen in Chats auf Messenger-Diensten untereinander Fotos aus. Ob sich die Verdächtigen persönlich kennen, sei aktuell noch unklar. Ihre Beziehung zueinander solle rasch aufgeklärt werden, hieß es. Dass es sich bei den Verdächtigen um einen Kinderporno-Ring handelt, wollte Becker nicht bestätigen. „Ich möchte nicht spekulieren“, sagte er.

NRW-Innenminister Reul lobte die Arbeit der Polizei: Nach seinem Kenntnisstand habe die Polizei in Bergisch Gladbach „konsequent ermittelt“, nun habe man die Leitung der Ermittlungen nach Köln gegeben, weil dort „Manpower“ vorhanden sei.

Mit dem schweren Missbrauchsfall auf einem Campingplatz in Lügde sei der nun bekannt gewordene Fall kaum zu vergleichen, auch wenn es in beiden Fällen um Kinder gehe, sagte Reul der dpa. „Die Geschichten sind andere. Die Geschichte von Lügde spielte an einem Platz, wo Kinder von ein, zwei Männern missbraucht wurden. Hier haben wir jetzt unterschiedliche Stellen, wo Männer mit ihren eigenen Kindern Missbrauch betrieben haben.“

Nach Angaben des Kölner Polizeipräsidenten Uwe Jacob sind mehr als 20 Ermittler der Kölner Polizei in den Missbrauchsfall eingebunden. Unterstützt werden sie von Beamten aus dem Rheinisch-Bergischen Kreis. Außerdem stehe die Kölner Staatsanwaltschaft in engem Kontakt mit den Staatsanwaltschaften Düsseldorf, Kleve und Wiesbaden.

Derzeit werde die große Datenmenge von mehr als drei Terabyte ausgewertet. Bislang sei erst „ein Bruchteil“ der gesicherten Datenträger gesichtet worden. Oberstes Ziel sei es, mögliche weitere Täter auf den Aufnahmen zu identifizieren. „Es bleibt möglicherweise nicht bei vier Tätern“, sagte der Kölner Kriminaldirektor Becker. „Derzeit gibt es zwar keine Hinweise, aber aufgrund der großen Datenmenge können wir es auch nicht ausschließen.“

Die Opfer des Missbrauchsfalls würden betreut. „Sie sehen mich fassungslos und bestürzt in Angesicht dieser schrecklichen Taten“, sagte Polizeipräsident Jacob. „Mein Mitgefühl ist bei den Opfern und ihren Angehörigen.“

(mit Material der dpa)
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