Gläubige verlassen Gottesdienst in Münster Predigt über Missbrauch und Vergebung sorgt für Empörung

Münster · Es ging um das Thema Missbrauch und Vergebung. Die Predigt eines emeritierten Pfarrer in Münster hat starken Protest hervorgerufen. Im Gottesdienst sollen auch von Missbrauch Betroffene gewesen sein.

Münster: Predigt über Missbrauch und Vergebung sorgt für Empörung
Foto: dpa/Patrick Pleul

Mit einer Predigt über Vergebung auch für Priester, die Minderjährige sexuell missbraucht haben, soll ein emeritierter Pfarrer in Münster zahlreiche Gottesdienstbesucher empört haben. Während der Ausführungen des 79-Jährigen hätten zunächst ein Teil des Chores, später rund 70 Gottesdienstteilnehmer unter lautem Protest die Münsteraner Kirche Heilig Geist verlassen, berichtet das Internetportal „Kirche-und-Leben.de“. Einige Besucher hätten die Predigt unterbrochen und mit dem emeritierten Pfarrer diskutiert. Im Altarbereich sei es laut und hektisch geworden. Der Pfarrer habe seine Predigt dann nicht zu Ende geführt, heißt es. Im Gottesdienst sollen auch von Missbrauch Betroffene gewesen sein.

„Das war ein echter Schock“, sagt der emeritierte Pfarrer Ulrich Zurkuhlen „Kirche-und-Leben.de“. Er sei mit seiner Stimme nicht gegen „den schreienden Mob“ angekommen, habe seinen Standpunkt und vor allem die biblisch so wichtige Bedeutung von Vergebung nicht darlegen können. Zurkuhlen habe im Gespräch mit „Kirche-und-Leben.de“ beklagt, dass sogar Bischöfe von Priester-Tätern als „Verbrecher“ sprächen, obwohl diese durchaus auch gute Seelsorger gewesen seien. „Niemand ist nur abgründig böse“, sagte Zurkuhlen, „oft verbinden sich Güte und Schuld miteinander oder stehen ohne Berührung nebeneinander.“ Es sei „allmählich Zeit, dass die kirchlichen Hierarchen nach langer Zeit auch mal ein Wort der Vergebung sagen können“, wird er zitiert.

Stefan Rau, der leitende Pfarrer der Pfarrei St. Joseph, zu der die Heilig-Geist-Kirche gehört, bedauerte das Geschehen. „Ich versuche immer, meinen Kollegen im Pastoralteam den Rücken zu stärken“, sagte er „Kirche-und-Leben.de“. „Aber das hier ging gar nicht.“ Das Thema Vergebung sei keine Bringepflicht der Opfer. „Dieser Eindruck ist wohl entstanden – und das dürfen wir nicht so stehen lassen.“ Aus diesem Grund habe die Gemeinde für den kommenden Montag zu einem öffentlichen Gespräch über die Predigt eingeladen. Disziplinarische Folgen werde sie zunächst nicht haben. Er habe über die Predigt und die Reaktionen auch mit dem Interventionsbeauftragten des Bistums Münster gesprochen. Es habe ein Gespräch mit dem Priester gegeben, ein weiteres solle folgen.

Ein Sprecher des Bistums Münster sagte auf Anfrage am Donnerstag: „Wir finden es richtig, dass es die Versammlung in der Gemeinde gibt.“ Generell gelte, bei der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch müssten die Interessen der Opfer im Mittelpunkt stehen und nicht die der Täter, betonte der Sprecher. Die Predigt am Sonntag sei frei gehalten worden und liege dem Bistum nicht in schriftlicher Form vor.

(felt/dpa)
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