Gericht in Münster Verfassungsbeschwerde gegen Versammlungsgesetz in NRW eingereicht

Düsseldorf · Der Verfassungsgerichtshof in Münster wird sich mit dem vor einem Jahr in Kraft getretenen nordrhein-westfälischen Versammlungsgesetz befassen. Kritiker sehen das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gefährdet.

Demonstranten protestieren im Oktober 2021 in Duisburg gegen das Versammlungsgesetz.

Demonstranten protestieren im Oktober 2021 in Duisburg gegen das Versammlungsgesetz.

Foto: Christian Schwerdtfeger

Eine Verfassungsbeschwerde und ein Eilantrag seien dazu am Mittwoch eingegangen, bestätigte ein Gerichtssprecher auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf. Beschwerdeführer sind acht Mitglieder unterschiedlicher zivilgesellschaftlicher Organisationen aus NRW; koordiniert und eingereicht wurde die Beschwerde von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und dem Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen“. Sie wenden sich laut Mitteilung gegen neue Straftatbestände, erweiterte Überwachungsbefugnisse „und das präzedenzlose Totalverbot von Versammlungen auf Autobahnen“. In dieser Kombination schreckten die Neuregelungen Menschen davon ab, ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit auszuüben, kritisierten sie. Besonders betroffen sei die Klimabewegung.

Die GFF will erreichen, dass das Gericht solche Vorschriften für nichtig erklärt. Per Eilantrag sollen einige Normen zudem bereits vorläufig außer Kraft gesetzt werden. Wann darüber entschieden werde, sei noch nicht absehbar, sagte der Gerichtssprecher.

Der NRW-Landtag hatte die noch unter der schwarz-gelben Vorgängerregierung konzipierte Novelle nach monatelangen Protesten im Dezember 2021 verabschiedet. Die neuen Regelungen zum Störungs-, Vermummungs- und Militanzverbot seien sehr weitreichend und so unbestimmt formuliert, dass Protestierende nicht wissen könnten, wann sie sich strafbar machen, kritisierte die GFF.

Daneben weite NRW die Befugnis zur staatlichen Videoüberwachung von Versammlungen enorm aus. „Auch das kann einschüchtern und von der Teilnahme an Protesten abschrecken“, bemängelte die Gesellschaft für Freiheitsrechte. Das bundesweit einmalige Pauschalverbot aller Versammlungen auf Bundesautobahnen schütze Autobahnen sogar stärker als den Landtag oder NS-Gedenkstätten. „Kein anderes Bundesland hat ein derart restriktives Versammlungsgesetz.“

Bei der Verschärfung des Militanzverbots verweise die Gesetzesbegründung auf Klimaproteste und ziele insbesondere auf diese ab, kritisierte die GFF. Auch das Versammlungsverbot auf Autobahnen richte sich eindeutig gegen Aktivistinnen und Aktivisten, die den Autoverkehr unterbrechen, um auf die sich zuspitzende Klimakrise aufmerksam zu machen. Der nordrhein-westfälische Gesetzgeber habe hier „seine staatliche Neutralität gegenüber zulässigen Versammlungsanliegen aufgegeben“ und die Grundrechte aller Aktivistinnen und Aktivisten verfassungswidrig einschränkt, argumentierten die Gegner des Gesetzes.

In Kürze sind größere Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Klimaschützern bei der Räumung des Ortes Lützerath im Rheinischen Braunkohlerevier zu erwarten.

(top/dpa)
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