Nach Beamten-Protesten Ministerium kassiert umstrittenen Erlass zu Fahrzeug-Waagen

Düsseldorf · Das NRW-Wirtschaftsministerium wollte die bisher staatliche Eichung von Waagen an Privatunternehmen übertragen. Die zuständigen Beamten liefen wegen massiver rechtlicher Bedenken dagegen erfolgreich Sturm und stoppten das Vorhaben – zumindest vorerst.

 Ein Lkw wir dnach der Befüllung auf einer Waage gewogen.

Ein Lkw wir dnach der Befüllung auf einer Waage gewogen.

Foto: Christoph Reichwein/Reichwein, Christoph (crei)

Der Landesbetrieb Mess- und Eichwesen mit Hauptsitz in Köln ist die staatliche Stelle, die beispielsweise dafür sorgt, dass an der Zapfsäule tatsächlich die angezeigte Menge Kraftstoff in den Tank gelangt. Die Mitarbeiter kontrollieren alle Arten von Messgeräten – von der Radarfalle, über den Alkoholtester, das Strahlenmessgerät bis hin zu Waagen für Fahrzeuge.

Bei Letzteren kam es jetzt aber offenbar intern zum großen Krach. Wie aus einer Mitglieder-Fachzeitung des Deutschen Beamtenbunds hervorgeht, wollte das NRW-Wirtschaftsministerium es privaten „Waagenserviceunternehmen ohne nachgewiesene Fachkompetenz“ per Erlass gestatten, selbst Prüfergebnisse einzureichen. Und zwar für den Fall, dass die Behörde den vorgegebenen Eichtermin nicht begleiten könnten.

Was zunächst nach einer gut gemeinten Entlastung der Behördenmitarbeiter klingt, hat bei diesen aber offenbar alle Alarmglocken mit Blick auf Missbrauch schrillen lassen. Denn zum einen hätten sie die Prüfergebnisse nicht mit eigenen messtechnischen Prüfungen nachträglich bestätigen dürfen. Zudem sollte es den Privatfirmen offenbar möglich sein, Eichtermine noch am selben Tag der Prüfung mitzuteilen und damit eine Begleitung durch die Behörde de facto zu verhindern. „Das nötige Ermessen der Eichbehörde im Verwaltungsverfahren Eichung ist damit nicht mehr vorhanden“, heißt es in der Fachpublikation.

Die SPD-Landtagsfraktion schloss sich der Kritik der Beschäftigten an. Fraktionsvize Lisa-Kristin Kapteinat sagte unserer Redaktion: „Es ist überhaupt nicht ersichtlich, warum das Ministerium von Frau Neubaur das Eichwesen per Erlass derart schwächt.“ Die Beamten im Landesbetrieb Mess- und Eichwesen NRW hätten gegen diese aus ihrer Sicht unrechtmäßige Weisung remonstriert, also offizielle Beschwerde wegen rechtlicher Bedenken eingelegt. „Durch den Erlass droht eine Qualitätseinbuße, zugleich wird dem Missbrauch damit Tür und Tor geöffnet. Die Ministerin muss die Beweggründe erklären oder aber besser noch: den Erlass zurückziehen.“

Offenbar ist im Ministerium inzwischen auch die Erkenntnis gereift, welche Tragweite der Erlass haben könnte. Ein Sprecher von Ministerin Mona Neubaur (Grüne) bestätigte auf Anfrage: „Dem Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie liegen aktuell einige Remonstrationen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des LBME NRW vor. Diese Hinweise prüfen und bearbeiten wir.“ Man sei aufgrund der einschlägigen Vorschriften allerdings zur Verschwiegenheit in Bezug auf die Remonstrationen verpflichtet. Das Ministerium scheint die Beschwerden allerdings ernst zu nehmen. Denn der Sprecher führt weiter aus: „Um die Hinweise und die daraus gewonnenen Erkenntnisse zeitnah, transparent und umfassend zu überprüfen und zu bewerten, hat das MWIKE den Erlass am 21. Dezember 2022 ausgesetzt.“  Für die remonstrierenden Beamten zumindest ein Etappensieg.

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