Nach Strafbefehl gegen NRW-Staatssekretärin Hannelore Kraft will Zülfiye Kaykin entlassen

Duisburg · Die NRW-Staatssekretärin für Soziales und Integration muss gehen. Regierungschefin Kraft entlässt Zülfiye Kaykin. Die Vorwürfe der Duisburger Staatsanwaltschaft nach anderthalb Jahren Ermittlungen wiegen zu schwer.

 NRW-Staatssekretärin Zülfiye Kaykin muss sich gegen einen Strafbefehl zur Wehr setzen.

NRW-Staatssekretärin Zülfiye Kaykin muss sich gegen einen Strafbefehl zur Wehr setzen.

Foto: RP Ralf Hohl

NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) entlässt Integrations-Staatssekretärin Zülfiye Kaykin nach schwerwiegenden Vorwürfen der Staatsanwaltschaft. Kraft habe ihre Entscheidung getroffen, formal müsse aber das Kabinett noch zustimmen, sagte Regierungssprecher Thomas Breustedt am Mittwoch in Düsseldorf.

Die Duisburger Staatsanwaltschaft hatte kurz zuvor - nach anderthalb Jahren Ermittlungsarbeit - einen Strafbefehl wegen "Beihilfe zum Betrug" und wegen "Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt" beim Amtsgericht Duisburg gegen Kaykin beantragt.

Vorwürfe aus dem Jahr 2009

Die Vorwürfe betreffen Vorgänge aus dem Jahr 2009, als die 44-Jährige noch Geschäftsführerin der Moschee-Begegnungsstätte in Duisburg-Marxloh war. Es geht konkret um den Fall eines Mitarbeiters in der Begegnungsstätte, der als geringfügig beschäftigt gemeldet war. Kaykin soll dessen tatsächliche Arbeitsentgelt-Höhe gegenüber dem Sozialversicherungsträger verschwiegen haben.

Sozialabgaben von rund 1400 Euro wurden laut Ermittlungsbehörde nicht abgeführt. Der Mitarbeiter habe zu Unrecht Sozialleistungen in Höhe von 3000 Euro beziehen können. Die Staatsanwaltschaft fordert für die SPD-Politikerin eine Geldstrafe. Zu der vorgeschlagenen Höhe wollte sich ein Sprecher nicht äußern.

Erlässt das Amtsgericht Duisburg-Hamborn nach einer Prüfung den Strafbefehl, hat die türkischstämmige Politikerin zwei Wochen Zeit, diesen zu akzeptieren oder abzulehnen. Legt sie Einspruch gegen den Strafbefehl mit der Geldstrafe ein, kommt es zum Prozess. Der Amtsrichter werde dann einen Termin für eine öffentliche Hauptverhandlung bestimmen, erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Eine Beschädigung des Amtes wäre unvermeidbar.

Kaykin mehrfach ausgezeichnet

Kraft reagierte laut Staatskanzlei im Einvernehmen mit NRW-Sozialminister Guntraum Schneider (SPD) auf die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft. Schneider hatte Kaykin zuvor stets sein Vertrauen ausgesprochen. Für ihre Integrationsarbeit war die nordrhein-westfälische Politikerin - sie ist auch Mitglied im SPD-Bundesvorstand - mehrfach ausgezeichnet worden.

CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann sprach von einem "längst überfälligen Schritt". Die CDU hatte bereits mehrfach die Entlassung Kaykins gefordert. "Frau Kraft hat die Notbremse gezogen. Auch sie hat nun endlich eingesehen, dass Frau Kaykin angesichts der Vorwürfe nicht mehr tragbar ist."

FDP-Fraktionschef Christian Lindner sagte: "Es war bereits ignorant, die Staatssekretärin Kaykin während der Ermittlungen nicht zu beurlauben, wie die FDP gefordert hatte." Die Glaubwürdigkeit der rot-grünen Regierung sei bereits beschädigt, "weil sie Steuerhinterzieher an den Pranger stellt, aber Sozialbetrug in den eigenen Reihen gedeckt hat".

Kaykin war mehrere Jahre Geschäftsführerin der Begegnungsstätte, bevor sie im Sommer 2010 als Staatssekretärin ins Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales wechselte. Die verheiratete Muter zweier Kinder galt vielen als "Vorzeige-Integrationspolitikerin".

(dpa)
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