Eigentlich in Prio 2 NRW hinkt bei Impfung von Flüchtlingen hinterher

Düsseldorf · Der Bund hat Geflüchtete in die Priorisierungsgruppe zwei eingestuft, doch die Landesregierung feilt immer noch an der Umsetzung. Die Opposition spricht von einem Skandal. Fraktionspolitiker argumentieren mit der Verfügbarkeit des Impfstoffs.

 Menschen im Kölner Stadtteil Chorweiler stehen für eine Impfung mit dem Impfstoff von Moderna an.

Menschen im Kölner Stadtteil Chorweiler stehen für eine Impfung mit dem Impfstoff von Moderna an.

Foto: dpa/Oliver Berg

Seit Ende Februar zählen Asylsuchende in Gemeinschaftsunterkünften zur Impfpriorität 2 und müssten damit eigentlich vorrangig geimpft werden. Doch während Nordrhein-Westfalen bereits angekündigt hat, in der ersten Mai-Hälfte den Menschen der Impfpriorität drei einen Termin zu ermöglichen, bewegt sich in Sachen Flüchtlingen bislang nichts.

Das ruft nun die Opposition auf den Plan. Die integrationspolitische Sprecherin der Grünen im Düsseldorfer Landtag, Berivan Aymaz, spricht von skandalösen Vorgängen: „Auch im aktuellen Erlass von Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann werden sie immer noch nicht aufgeführt.“ Die Grünen hätten bereits im Februar im Ausschuss nachgefragt, ob die Landesregierung eine Impf- und Aufklärungsstrategie für die Landesunterkünfte habe. „Wir haben die Situation, dass in den Landeseinrichtungen Menschen unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlichen Alters sehr eng zusammenleben. Teilweise haben sie Vorerkrankungen.“

Damit diese Einrichtungen nicht zu Hotspots würden, müsse es für sie eine besondere Impfstrategie geben, die die sprachliche Diversität aufgreife und berücksichtige, dass es sich teils um Analphabeten handle. Aymaz und der Geschäftsführer des Kölner Flüchtlingsrates, Claus-Ulrich Prölß, wiesen zudem darauf hin, dass es unter den Geflüchteten massive Vorbehalte gegen das Impfen gebe. So verbreite sich etwa das Gerücht, dass Geimpfte schneller abgeschoben würden.

Nach Angaben des NRW-Gesundheits- und des Integrationsministeriums waren am Montag 145 der insgesamt 6211 Bewohner in Landeseinrichtungen positiv auf Covid-19 getestet. 349 Bewohner hätten eine Erstimpfung erhalten – bezogen auf die Volljährigen eine Quote von 7,2 Prozent. „Die Planungen für die zweite Priorisierungsgruppe sind noch nicht abgeschlossen. Auch weitere anspruchsberechtigte Personengruppen, wie Personen in Flüchtlingsunterkünften, werden in Kürze ein Impfangebot erhalten“, so ein Sprecher.

Heike Wermer, Sprecherin für Integration der CDU-Landtagsfraktion, wies die Kritik der Opposition zurück: „Dass diese Gruppe von Menschen bislang nicht berücksichtigt werde, ist ein haltloser Vorwurf der Grünen. Ich hoffe, dass sich viele Menschen in den Gemeinschaftsunterkünften für eine Impfung entscheiden.“ Solange der Impfstoff noch knapp sei, müsse bei der Vergabe priorisiert werden. „Da diese Personengruppe perspektivisch nicht in einer Landeseinrichtung verbleiben wird, bin ich froh darüber, wenn hier vor allem der Impfstoff von Johnson & Johnson verwendet werden soll, bei dem nur eine statt zwei Impfdosen nötig ist.“ Leider sei dieser Impfstoff noch nicht in großen Mengen verfügbar.

„Das Argument, auf Johnson & Johnson zu warten, offenbart die Hilflosigkeit der Politik“, kritisierte Karin Wieder, Referentin für Flüchtlingsarbeit beim Diakonischen Werk Rheinland-Westfalen-Lippe. Seit Februar sei bekannt, dass die Menschen in die Priorität 2 fielen und geimpft werden könnten: „Dann hätten die Verantwortlichen sich zumindest Gedanken darüber machen müssen, wie man die erstgeimpften Menschen registriert und diese Informationen an den neuen Aufenthaltsort weitergeben kann, damit sie dort die entsprechende Zweitimpfung bekommen. Da hätte ich mir mehr Kreativität gewünscht“, sagte Wieder und wies auf ein weiteres Problem hin: „Weil es in allen Landeseinrichtungen Erkrankungsfälle gibt, bleiben die Geflüchteten deutlich länger dort und werden nicht auf die Kommunen verteilt. Die Fristen wurden und werden derzeit immer noch nicht eingehalten. Dieser Trend bereitet uns vor allem bei den Kindern und jungen Menschen große Sorge.“

Ein Sprecher des Städte- und Gemeindebunds NRW erklärte auf Anfrage: „Die Kommunen wissen mittlerweile sehr genau, welche Bereiche besonders gefährdet sind. Menschen, die auf engem Raum leben und keinen Abstand halten können, werden schwerer von der Pandemie getroffen als andere.“ Daher sollte auch in Sammelunterkünften zügig geimpft werden, so der Sprecher: „Mit einer solchen Maßnahme können wir gezielt zur Eindämmung von Covid-19 beitragen.“

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