Neue Festsäle für die Kunst

Dass das Albertinum – jene einzigartige Kunstsammlung Dresdens – nach der Elbe-Flut wieder in neuem Glanz erstrahlt, ist auch einer Düsseldorfer Kunstauktion zu verdanken: Sie brachte 3,4 Millionen Euro für den Umbau.

Dresden Manchmal kann im Unglück auch eine Chance liegen. Im August 2002 überschwemmte die Elbe-Flut die im Keller untergebrachten Depots des Dresdner Albertinums; Hilfsgelder waren nicht in Sicht. Eine von Düsseldorf aus initiierte Kunstauktion erbrachte 3,4 Millionen Euro Erlös und damit einen Anschub für ein spektakuläres Umbauprojekt. Nun endlich feierte das "Neue Albertinum" Wiederöffnung.

Das im 16. Jahrhundert als Zeughaus erbaute und 1740 umgestaltete Renaissancegebäude an der Brühlschen Terrasse war seit Ende des 19. Jahrhunderts ein Universalmuseum für Plastik. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es vollgestellt mit allem, was aus den zerstörten Dresdner Sammlungsräumen ausgelagert werden musste. Heute ist es ein lichter, übersichtlich gegliederter Bau, der ein Kompendium der Skulpturengeschichte und eine Galerie der Malerei des 19. und 20. Jahrhunderts bietet.

Der zuvor vernachlässigte Innenhof wurde mit Hilfe einer Brückenkonstruktion vom Architekten Volker Staab so überdacht, dass eine riesige Halle ohne jede sichtbare Stütze entstanden ist. Und der Clou: Über diesem Dach liegen in 17 Meter Höhe die neuen Restauratoren-Werkstätten und Depots, absolut hochwassersicher und – wie Generaldirektor Martin Roth versichert – "mit den schönsten Arbeitsplätzen der Welt."

Im Erdgeschoss begrüßt die Antikensammlung den Besucher. Wie in einem überdimensionalem Schaufenster harren im seitlichen Eingangsbereich Götter, Kaiser und Denker in stummer Pracht. Im Gewölbe aus dem 16. Jahrhundert, wo sie zuvor standen, stehen sich nun in Epoche übergreifender Manier Rodin und Thomas Scheibitz, Maillol und Lehmbruck, Tony Cragg, Carl Andrée und als jüngste Birgit Dieker gegenüber. Dem sächsischen Bildhauer Ernst Rietschel und seinen klassizistischen Kollegen Schadow, Canova, Thorvaldsen und Tieck wird im Hochparterre im "Mosaiksaal" gehuldigt, während sich im ochsenblutroten "Klingersaal" die Phantasmen von Böcklin, Hodler oder Franz von Stuck treffen.

Die Galerie Neuer Meister taktet mit den Romantik-Ikonen von Caspar David Friedrich auf, fährt mit impressionistischen Einzelwerken von Monet, Degas und Manet sowie den deutschen Protagonisten Liebermann, Slevogt und Corinth fort, kulminiert schließlich in Otto Dix´grandiosem Kriegs-Triptychon.

Die spärlichen Eigenbestände des ausgehenden 20. Jahrhunderts konnten Dank großzügiger Spenden und Leihgaben auch aus dem Rheinland aufgefüllt werden. So sind unter anderem auch Gotthard Graubner, Günther Uecker und Thomas Struth, Karin Kneffel, Katharina Sieverding, Jürgen Klauke, Mischa Kuball und Candida Höfer vertreten.

Und natürlich trifft man die großen verlorenen Söhne der Stadt: Georg Baselitz ergänzte den vorhandenen Zyklus um fünf Porträts von 1969 und bespielt einen ganzen Raum. Gerhard Richter bestückte zwei Säle: Er war es, der in der erwähnten Auktion das Bild "Der Fels" spendete. Es erbrachte damals den Rekordpreis von über zwei Millionen Euro, der Käufer übergab es dem Albertinum als Dauerleihgabe. Nun hängt es hier als sichtbarstes und schönstes Symbol für das Happyend einer Flutkatastrophe.

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