Film-Kritik Die Geisha: Multikulti-Märchen

Wenn Amerikaner sich daran machen, die Welt zu erklären, könnte es bisweilen peinlich werden. So geschehen im Film "Die Geisha", basierend auf dem Roman des Amerikaners Arthur Golden von 1997. Angefangen von der Tatsache, das japanische Geishas einfach von Chinesinnen gespielt werden, als sei dies vollkommen nebensächlich, hat Regisseur Rob Marshall einen der verlogensten Filme gedreht, die in letzter Zeit in die Kinos gekommen sind.

Die Geisha
16 Bilder

Die Geisha

16 Bilder
Foto: Warner Bros.

Mit der Besetzung durch die Chinesinnen drückt sich eine unbekümmerte Ignoranz aus, die sich die exportorientierte Traumfabrik nicht mehr leisten sollte. Dass es gegen den Film auch aus diesem Grund wütende Proteste sowohl in Japan wie in China gegeben hat, ist nur allzu verständlich. Denn die beiden ostasiatischen Staaten sind vollkommen unterschiedlich, und dies sollte man respektieren.

Und es handelt sich bei diesem Fauxpas um eine Art von Ignoranz, die auch den hiesigen Betrachter misstrauisch macht: Wie sensibel geht solch ein Film mit einer Kultur um, die es so nicht mehr gibt? Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass es noch immer in alten eleganten Teehäusern Japans jene Geishas gibt, die - das japanische Wort "gei" verrät - ihre ganz spezielle "Kunst" betreiben. Aber das ist eher nostalgischer Tribut an eine verklärte Vergangenheit als Element des modernen Lebens auf dem Inselstaat, der von dem verheerenden Bombardement und der Niederlage im Zweiten Weltkrieg so sehr äußerlich wie innerlich verändert wurde.

Melodram ohne emotionale Wirkung

Der Film beginnt schockierend, denn zwei Mädchen einer bettelarmen Familie am Meer werden von den Eltern verkauft und in die Stadt gebracht. Die eine wird zur Prostitution gezwungen, die andere kommt in ein Geisha-Haus, wo sie nach demütigenden Erlebnissen zu einer schönen jungen Frau heranwächst. Als perfekt ausgebildete Geisha mit dem Namen Sayuri wird sie zur begehrten Gesellschafterin der mächtigsten Männer ihrer Epoche, jener Blütezeit der Geisha-Tradition in den 30er Jahren. Blasse Haut, ebenholzschwarzes Haar und kirschrote Lippen - so wollte man eine Geisha sehen.

Die in Peking aufgewachsene Ziyi Zhang ist - abgesehen von ihrer Nationalität - natürlich eine attraktive Wahl für die Titelrolle der Sayuri. Die bildschöne Chinesin besitzt in reichem Maße Anmut und Ausdruckskraft, die sie auch in diesem Film unter Beweis stellt. Ziyi Zhang steht in der Gunst ihrer chinesischen Landsleute wie auch in der Filmhandlung von "Die Geisha" in direkter Konkurrenz zur nicht weniger schönen, international berühmteren Gong Li, die Hatsumomo verkörpert. Mit Ken Watanabe ist wenigstens die wichtigste Männerrolle mit einem Japaner besetzt worden.

Watanabe spielt den Mann, dem die geheime Sehnsucht Sayuris gehört. Doch Leidenschaft ist für eine Geisha tabu, und das schmerzt natürlich eine heftig fühlende Frauenseele. Es geht schön melodramatisch zu in Marshalls Film, aber die Herzen der Zuschauer erreicht das opulent ausgestattete Geschehen auf der Leinwand in den 144 Minuten Laufzeit eigentlich nie. Es ist ein bunter, sehr exotischer Bilderbogen, der emotional folgenlos vorbeizieht. Zwingende Voraussetzung für alle fernöstlichen Mitwirkenden waren dem Vernehmen nach ausreichende Englischkenntnisse. Die hätte man besser ohne solchen Aufwand testen sollen.

(ap)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort