Düsseldorfer Literaturpreis an Nico Bleutge Vom nächtlichen Blick auf den Campo Verano

Düsseldorf · Die Literaturtage der Landeshauptstadt haben mit einer hohen Ehrung begonnen: So bekam der Lyriker Nico Bleutge für sein Werk den mit 20.000 Euro dotierten Düsseldorfer Literaturpreis.

 Preisträger Nico Bleutge.

Preisträger Nico Bleutge.

Foto: verlag/Dirk Skiba

Als Karin Brigitte-Göbel ihre Gäste begrüßte, war der Stolz nicht zu überhören. Bereits zum 22. Mal werde man an diesem Abend den Düsseldorfer Literaturpreis vergeben, sagte die Vorstandsvorsitzende der Stadtsparkasse an der Berliner Allee. Aktueller Preisträger der mit 20 000 Euro dotierten Ehrung ist der in Berlin lebende Lyriker Nico Bleutge. Sein jüngstes Buch „schlafbaum-variationen“ war bestimmendes Thema des Festabends, vor allem der Laudatio durch den Literaturkritiker Tobias Lehmkuhl.

Man könnte die bisherigen Rezensenten des neuen Lyrikbands in zwei Gruppen einteilen. Einige haben bei Nico Bleutge nachgefragt und dabei erfahren, wie viel Persönliches in den „schlafbaum-variationen“ steckt. Sieben Jahre hat es gedauert, bis nach dem Tod seines Vaters, einem Stipendienjahr in der römischen Villa Massimo und der Geburt seiner Tochter die Zeit reif war für diese neue Publikation.

Bleutge hat ihnen wohl auch erzählt, dass die „Schlafbäume“ in der Stadt am Tiber Pinien sind, auf denen sich Tausende von Staren bei ihrem Flug ins südliche Winterquartier eine Pause gönnen. Und dass die Stadt Falken einsetzt, um sie als Schmutz verursachende Störenfriede zu vertreiben. Ein Thema des Gesprächs zwischen Bleutge und seinem Laudator war das titelgebende Gedicht ebenfalls.

Andere Rezensenten sind den werkimmanenten Spuren gefolgt und haben nicht weniger entdeckt. Zum Beispiel, dass Nico Bleutges Blick aus einem nächtlichen Fenster der Villa Massimo auch dem Campo Verano galt, dem römischen Hauptfriedhof. Und dass hierbei der Vogelflug in Verbindung mit „umfallenden kerzen“ oder „flocken im eiswind“ zu einem Todesgedicht wird. Bestätigt sehen sie sich in ihrer Lesart durch ein weiteres Gedicht „besuche im klinikum“, das in mehreren Strophen Bilder von Besuchen bei einem Sterbenden oder Toten zeichnet.

Gleich zu Beginn des Festakts gab es eine „Spotlight-Lesung“ mit vier kleinen Gedichten des Preisträgers. Man hörte bunte Szenen aus der Kinderwelt, da wo diese sich mit Naturbildern kreuzt. Auch Tobias Lehmkuhl verwies in seiner Laudatio auf die lyrische Verbindung von Kind und Natur, vor allem bei den zahlreichen Tieren, die in den verschiedenen Zyklen des Buchs auftauchen. Denn: „Niemand ist dem Tier so nah wie ein Kind.“ Als Hommage an seinen kunstinteressierten Vater lässt Nico Bleutge aber auch eine brennende Giraffe aus einem Gemälde von Salvador Dalí in seinem Vers-Universum erscheinen.

Die Düsseldorfer Preisverleihung gab ihm schließlich die Gelegenheit, an einen Vorgänger zu erinnern: Thomas Kling, der den damals noch „D.Lit“ genannten Preis im Jahr 2005 kurz nach seinem Tod postum erhielt. Bleutge hat den auf der Hombroicher Raketenstation lebenden Kollegen vorher dort kennengelernt und mit ihm über sein letztes Werk „Auswertung der Flugdaten“ gesprochen.

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