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Anton G. Leitner: Der digitale Hai ist high

Lyrik wird häufig als kompliziert, elitär und blutleer bezeichnet. Dass es auch anders geht, beweist Anton G. Leitner in seinem neuen Gedichtband "Der digitale Hai ist high". Der Lyriker und Lyrikherausgeber drechselt in seinem Buch keine preziösen Verse zur einsamen Freude der Germanistenzunft, vielmehr wendet er sich an ein breites Lesepublikum.

 "Der digitale Hai ist high" von Anton G. Leitner.

"Der digitale Hai ist high" von Anton G. Leitner.

Foto: Lyrikedition 2000

Mit deftigem Sprachwitz und vertrackten Wortspielereien macht Leitner Lust auf Poesie. Wenn der Vollblutdichter und -matrose in lyrische See sticht, tauchen neben dem klassisch-maritimen Personal wie Piraten, Seebären, Nixen und anderen Meeresfrüchtchen auch Fischers Fritze, der Blonde Hans von der Reeperbahn oder die Beatles im gelben U-Boot auf. Sie alle bevölkern Leitners poetischen Ozean und surfen dort auf rhythmisch gebauten Gesängen.

Während sich viele zeitgenössische Lyriker kraftlos im Trockenen abstrampeln, bewegt sich Leitner geschmeidig durchs aufgewühlte Sprachmeer. Da zappeln und schillern die Metaphern, sprudelnde Verse erheben sich aus den musikalischen Wellenbewegungen der Sprache selbst, aus dem Plätschern, Strömen und Rauschen der Worte. Mit wilden Zeilen- und Gedankensprüngen durchpflügt Leitner seine lyrischen Gewässer.

Der "Digitale Hai" hat indessen auch weniger humorvolle Seiten. Bei allem augenzwinkerndem Dichterspaß klingen immer wieder ernste, kritische Töne an. Leitner ist kein weltfremder Stubenhocker, sein Hai kann ironisch-spielerisch zuschnappen oder mit beißendem Sarkasmus den bedenklichen Zustand der Welt kommentieren. Zudem kommt bei solch vitaler Lyrik auch das "Weiblich-Leibliche" (Günter Kunert) nicht zu kurz: Leitners expressive Wortkunst ist sinnlich und sexy.

In seinen "Notizen zum Zustand der Lyrik", unlängst erschienen in einem von Martina Weber herausgegebenen Handbuch zur Dichtkunst ("Zwischen Handwerk und Inspiration", Federwelt Verlag 2004), fordert Leitner die "Einbindung der Lyrik in eine normale Alltagskommunikation". Mit dem vorliegenden Gedichtband macht er vor, wie das funktionieren könnte. Leitners Hai hat Biss, auch wenn er zuweilen eine Kapriole zu viel produziert und damit den ein oder anderen Kalauer riskiert. Dennoch packt er seine Leser und schwimmt vorbildhaft im Lyrikmeer unserer Tage voran. Bleibt zu hoffen, dass weitere dicke Fische folgen.

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