Skype-Gründer mit neuen Ideen Das Fernsehen der Zukunft

Düsseldorf (RP). Niklas Zennström und Janus Friis haben die Medienwelt aufgemischt. Mit der Internetanwendung Skype ermöglichen sie Millionen Nutzern, über das Internet zu telefonieren. Jetzt wollen sie das Fernsehen revolutionieren.

 Kostenloses Internetfernsehen mit Joost

Kostenloses Internetfernsehen mit Joost

Foto: Joost TV

"Wenn man sich das heutige Fernsehen anschaut, sehen wir dort sehr wenige Innovationen." Der Satz klingt völlig unspektakulär - wenn er nicht von Niklas Zennström stammen würde. Ähnlich nüchtern hat sich der 40 Jahre alte Schwede schon geäußert, bevor er - gemeinsam mit seinem dänischen Partner Janus Friis - zunächst die Musikindustrie mit seiner Tauschbörse Kazaa und dann die Telekommunikationskonzerne mit seiner Internet-Telefongesellschaft Skype ins Wanken brachte. Ihr jüngstes Internet-Startup Joost soll die Fernsehlandschaft revolutionieren - und ordentliche Werbeeinnahmen bringen.

 Zu den einzelnen Sendungen bei Joost-TV können Zuschauer Informationen abrufen. Auch Chatten lässt sich direkt über das TV-Angebot.

Zu den einzelnen Sendungen bei Joost-TV können Zuschauer Informationen abrufen. Auch Chatten lässt sich direkt über das TV-Angebot.

Foto: Joost TV

Noch befindet sich Joost in der Testphase. Aber wenn der Online-Videodienst in den nächsten Monaten auf Sendung geht, soll er "eine neue Art des Fernsehens bieten, unabhängig von den Sendeplänen und Einschränkungen des herkömmlichen TVs", versprechen die beiden prominenten Gründer. Dabei sollen die Zuschauer auf Computern TV-Sendungen und Filme aus dem Angebot der Medienkonzerne ebenso schauen können wie von Profis und Amateuren produzierte Videos - und zwar wann sie wollen und umsonst.

Finanziert wird das Ganze mit Werbeeinnahmen, die Joost mit den Rechteinhabern teilen wird. Wie beim Fernseher ist das Zappen durch die TV-Kanäle möglich. Hinzu kommen Internetfunktionen, mit denen Nutzer nach den verschiedenen Angeboten suchen, mit ihren Freunden chatten oder einen Sender mit eigenem Programm aufbauen können.

Die Werbetreibenden sollen ihre Spots bei Joost mit interaktiven Funktionen erweitern können. So könnte eine T-Shirt-Werbung direkt mit einem Link versehen werden, den man anklicken kann, um das Kleidungsstück direkt im Shop zu bestellen. "Die Leute lieben das Fernsehen, aber sie hassen es auch. Sie lieben die manchmal erstaunlichen Geschichten, die reiche Auswahl und die Qualität. Aber sie hassen die Gleichförmigkeit, den Mangel an Auswahl und den Mangel solcher Basisangebote wie Suchfunktionen", sagt Zennström. Gedacht ist beispielsweise an eine Suchfunktion für Filme, eine Liste der Freunde, die auch gerade online sind, und Bewertungsfunktionen für die Filme.

Doch bisherige Videoangebote wie Youtube oder MyVideo bieten häufig Angebote von bescheidener Qualität. Bilder sind oft unscharf und schummerig oder es dauert ewig lange, bis man etwas heruntergeladen hat. Joost will hingegen Fernsehsendungen von bestechender Schärfe auf den Monitor bringen. Besucher können die Streifen sehen, wann immer sie wollen, müssen dafür nichts bezahlen und können sich dann noch mit Filmfreunden darüber unterhalten.

Dabei setzen die beiden Skandinavier auf die Prinzipien, die sich schon bei Kazaa und Skype bewährt haben: Die Technik basiert wieder auf der Verbindung sehr vieler Internetrechner untereinander, in der Fachsprache Peer-to-Peer genannt. Ergänzt wird das große Netz von einigen zentralen Videoservern. Diese Kombination soll Fernsehqualität ermöglichen. Doch woher soll das Material kommen, fragen schon erste Skeptiker. Man werde keine Videos online stellen, solange die Qualität nicht ausreichend und die Urheberrechte nicht geklärt sind, versichern die Skandinavier.

Joost will private Filmproduzenten, Produktionsgesellschaften und Fernsehkanäle gewinnen. Seit einigen Monaten locken die Joost-Manager mit einem besonderen Versprechen: "Filmproduzenten bekommen über uns einen direkten Kontakt zu den Konsumenten. Das dürfte für viele reizvoll sein." Zur Finanzierung des Dienstes setzt Joost zunächst ganz auf Werbung. Allerdings will Joost die Zuschauer nicht mit Werbung überfrachten: Weniger, aber dafür genau passend soll die Werbung sein. Häufige Werbeunterbrechungen und hohe Streuverluste sollen vermieden werden.

Technische Herausforderungen gibt es auch noch: Für den Nutzer geht nichts ohne Breitbandanschluss. Einen zentralen Webserver, von dem die Videoinhalte heruntergeladen werden können, gibt es nicht. Die Daten werden unter gleichberechtigten Usern ausgetauscht, die gleichzeitig als Sender und Empfänger fungieren.

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