Renditemaximierung Private-Equity-Beteiligungen - das Geheimnis der Sparkasse Düsseldorf

Düsseldorf · Große Teile des Gewinns kamen bei der Sparkasse Düsseldorf laut dem Branchen-Newsletter "Finanz-Szene.de" in den vergangenen Jahren aus Private-Equity-Beteiligungen. Der Öffentlichkeit blieb das verborgen.

 Das Logo der Sparkasse. (Archiv)

Das Logo der Sparkasse. (Archiv)

Foto: RP-Foto. A. Blazy

Die Probleme der deutschen Sparkassen sind bekannt: Das Zinstief nagt an den Erträgen. Die digitale Konkurrenz verdirbt die Preise. Und die Regulierer kommen mit immer neuen Auflagen um die Ecke.

Insofern rieben sich Branchenkenner die Augen, als die Sparkasse Düsseldorf jüngst ihre Zahlen für das vergangene Geschäftsjahr präsentierte. Der Gewinn betrage 102,5 Millionen Euro und liege damit "um 30,4 Millionen Euro über dem Vorjahr", frohlockte Vorstandschefin Karin-Brigitte Göbel. Probleme? Welche Probleme? Gerade das Kerngeschäft mit Krediten für Mittelständler, Häuslebauer und Privatleute brummt. So schien es zumindest.

Nun jedoch zeigen Recherchen des Branchen-Newsletters "Finanz-Szene.de", wo die verblüffenden Gewinne offenbar in Wirklichkeit herkommen: Die Stadtsparkasse Düsseldorf, dies lässt sich bei genauerer Betrachtung den Geschäftsberichten entnehmen, unterhält schon seit Jahren ein riesiges Portfolio an Private-Equity-Beteiligungen - und zwar ohne dass die Öffentlichkeit groß was davon mitbekommen hätte.

Private Equity? Das sind jene speziellen Finanzfonds, für die der SPD-Politiker Franz Müntefering einst den Begriff "Heuschrecken" erfand. Begründung: Die Fonds seien darauf spezialisiert, mittelständische Firmen zu übernehmen und dann zum Zwecke der Renditemaximierung auszuschlachten - ein Vorwurf, der in einigen Fällen tatsächlich zutraf.

900 Millionen Euro Eigenkapital

Über die Tochter Equity Partners GmbH investierte die Stadtsparkasse Düsseldorf seit den frühen Nullerjahren in zwischenzeitlich mehr als 50 dieser Finanzvehikel. Die Dimension der Geschäfte war enorm. So verpflichtete sich die Sparkasse, bis zu 480 Millionen Euro in die Fonds zu investieren. Zwischenzeitlich wurde sogar überlegt, das Volumen auf eine Milliarde Euro aufzustocken, eine Idee, die dann jedoch wieder verworfen wurde. Zur Einordnung: Das Eigenkapital betrug damals gerade einmal gut 900 Millionen Euro.

Um zu verstehen, wie sich das Institut auf solch eine Wette einlassen konnte, muss man anderthalb Jahrzehnte zurückblicken. Innerhalb der Sparkassen-Organisation wurde damals jenes Ziel propagiert, für das die Öffentlichkeit wenige Jahre später einen gewissen Josef Ackermann scharf kritisieren sollte - nämlich die Maximierung der Eigenkapitalrendite. Zwar sollten es nicht ganz die 25 Prozent sein, wie sie dem damaligen Deutsche-Bank-Chef vorschwebten. Aber mindestens 15 Prozent. So dekretierte es im Herbst 2002 der Sparkassen-Präsident Dietrich Hoppenstedt.

"The Risk Profiles of Private Equity"

Für viele öffentlich-rechtliche Institute war diese Zielvorgabe illusorisch. Und so verfiel man bei der Stadtsparkasse Düsseldorf offensichtlich auf jene "Kreditersatzgeschäfte", die anderen deutschen Banken wenige Jahre später zum Verhängnis werden sollten. Der feine Unterschied: Anders als die Commerzbank, die Hypo Real Estate oder die WestLB setzten die rheinischen Sparkässler nicht auf amerikanische Subprime-Immobilien. Sondern auf mehrheitlich amerikanische Private-Equity-Fonds. Wobei man streiten mag, ob das nun weise Voraussicht war - oder nicht doch eher Glück. Als Grundlage für die dicken Investments diente ein dünner Fachaufsatz aus dem Jahr 2004. Er trug den Titel "The Risk Profiles of Private Equity" ("Die Risikoprofile privater Beteiligungs-Engagements"). Auf Basis dieser "Studie" sehe man das Ausfallrisiko als "gering" an, steht in den alten Geschäftsberichten.

Als 2008 die Finanzkrise ausbrach, wurden sie bei der Sparkasse Düsseldorf dann aber allem Anschein nach doch nervös. Plötzlich sollten die Private-Equity-Engagements "begrenzt" werden, der Vorstand nahm erste Wertberichtigungen vor, manch einer hörte vermutlich bereits die Bombe ticken. Doch sie ging nicht hoch. Nicht 2009, nicht 2010, nicht einmal auf dem Höhepunkt der Eurokrise 2011 - obwohl sich unter den Investments auch solche in Spanien, Portugal und Italien befanden. Stattdessen schlummerten die Beteiligungen in den Bilanzen vor sich hin. Und begannen Ertrag abzuwerfen. Und wie!

2013 durfte der Vorstand bereits 21 Millionen Euro aus den Heuschrecken-Geschäften "ertragswirksam vereinnahmen", wie es im Geschäftsbericht heißt. 2014 waren es 25 Millionen Euro, 2015 sogar 53 Millionen, 2016 schließlich 66 Millionen Euro. Damit kamen in jedem Jahr rund 90 Prozent des Gewinns der Sparkasse aus Private-Equity-Deals, hat der renommierte Finanzanalyst Stefan Best auf Bitten von "Finanz-Szene.de" ermittelt.

Ein Sparkassen-Sprecher bestätigt dies. Er weist allerdings darauf hin, dass der Anteil an den Bruttoerträgen deutlich geringer sei, nämlich rund 20 Prozent. Wie groß der Anteil am 2017er-Gewinn war, muss vorerst offen bleiben. Denn der Vorstand hat zwar erste Zahlen präsentiert - ein testierter Geschäftsbericht liegt noch nicht vor.

Herkunft der Gewinne kein Thema

Was auffällt: Das Redemanuskript zum Vortrag von Vorstandschefin Göbel im März umfasst 15 DIN-A4-Seiten. Einen Begriff sucht man in dem Dokument allerdings vergeblich: Private Equity. Und das geht schon seit Jahren so, übrigens auch schon unter ihren diversen Vorgängern. Die Stadtsparkasse Düsseldorf tut schlicht so, als gebe es die Engagements gar nicht. Stattdessen werden die Heuschrecken-Erträge unter dem Zinsüberschuss subsummiert - womit der Eindruck entsteht, das Geld sei im ganz normalen Kreditgeschäft verdient worden.

Erstaunlicherweise ist die Herkunft der Gewinne auch in der Ausschüttungsdebatte kein Thema. Dabei könnte die Stadt argumentieren, die abseits des Kerngeschäfts erwirtschafteten Private-Equity-Profite stünden der öffentlichen Hand zu - während die Sparkasse umgekehrt argumentieren könnte, angesichts des nur leidlich profitablen Kerngeschäfts seien die Sondererträge für die Stärkung der Rücklagen umso essenzieller.

Oberbürgermeister und Sparkassen-Verwaltungsratschef Thomas Geisel meint auf Nachfrage: "Ich habe immer gesagt, die Sparkasse soll so ausschütten, wie sie in der Lage ist." Und der Sprecher der Sparkasse richtet den Blick lieber nach vorn: "Der Strategieschwenk, den wir eingeleitet haben, hat genau das Ziel, die Erträge im klassischen Privat- und Firmenkundengeschäft wieder auszubauen."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort