Kolumne: Der Ökonom Wie man Kriege rational vermeidet

Der israelische Nobelpreisträger Robert Aumann hat über die Ökonomie des Kriegs nachgedacht. Nur wer glaubhaft Gegner abschreckt, kann Kriege vermeiden.

Kriege sind schrecklich, aber sie gehören offenbar untrennbar zur Menschheitsgeschichte. Frühere Generationen sahen die Geschichte sogar als unaufhörliche Abfolge kriegerischer Konflikte. Heute werden Kriege nicht mehr als Schicksal hingenommen. Vor allem in Demokratien tun Politiker alles, um sie zu vermeiden. Auch die Ökonomie hat dazu einen wichtigen Beitrag geleistet.

Der israelische Wirtschaftswissenschaftler und Spieltheoretiker Robert Aumann hat sich besonders mit der Ökonomie des Krieges beschäftigt. Dabei greift er auf das in der Spieltheorie bekannte "Gefangenendilemma" zurück. Werden zwei Strafgefangene getrennt verhört, können sie sich nicht darauf verständigen, die Tat abzuleugnen. Sie müssen damit rechnen, dass der jeweils andere die Tat gesteht. Unter dieser Unsicherheit gehen sie von der ungünstigsten Situation aus und optimieren dann ihre Strategie. Das heißt, sie erwarten, dass der jeweils andere die Tat zugibt. Dann ist es rational, auch selbst zu gestehen, um die Strafe abzumildern.

Übertragen auf den Krieg heißt das: Will man eine bewaffnete Auseinandersetzung mit einem Aggressor vermeiden, so muss man davon ausgehen, dass er Schwäche ausnutzt. Vor diesem Hintergrund muss man die Strategie so wählen, dass der Aggressor den Angriff nicht wagt. Dieses Kalkül lag der Doktrin der Abschreckung zugrunde, die immerhin 44 Jahre lang einen Krieg vermeiden half und am Ende sogar den "Kalten Krieg" überwand.

Es gibt aber auch Gegenbeispiele. Der deutsche Diktator Hitler griff Polen erst an, als der Westen sowohl bei der Rheinland-Besetzung wie bei der Sudetenkrise die Aggression hinnahm. Russlands Präsident Putin attackiert die Ost-Ukraine, weil er die Krim ohne Gegenwehr bekam. Israel muss die Hamas seit der Zeit fürchten, als es sich aus dem Gaza zurückzog. Wer sich Stärke erlauben kann, sollte sie zeigen. Dann muss er sie nicht anwenden. Es ist klar, dass diese Strategie nicht immer taugt. Aber wer einer Aggression nachgibt, erntet neue Aggression.

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(RP)
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