Der Ökonom Warum eine Deflation unwahrscheinlich ist

Bei den Wirtschaftspolitikern geht ein neues Gespenst um – das der Deflation. Doch die Angst vor fallenden Preisen ist unbegründet. Zudem ist Abhilfe leicht möglich.

Die große Depression der 30er Jahre hat aus den Amerikanern gebrannte Kinder gemacht. Fast ein Drittel der Beschäftigten war ohne Arbeit, Hunger und bittere Not bestimmten den Alltag. Am Anfang der Depression stand die Deflation. Weil Unternehmen nicht investierten, Verbraucher nicht konsumierten, fielen die Preise, später die Löhne. Eine unheilvolle Spirale kam in Gang. Die nachfolgende Wirtschaftskrise zerstörte den Lebensmut einer ganzen Generation.

Wenn also von Deflationsgefahr gesprochen wird, schwingt diese Erfahrung mit. Doch ist sie berechtigt? Zunächst einmal müssen wir definieren, was Deflation eigentlich ist. Ökonomen sprechen von Deflation, wenn Preise und Löhne zurückgehen. Das ist derzeit außer in Griechenland und der Schweiz in keinem einzigen Industrieland der Fall.

Die Deflationswarner gehen deshalb einen Schritt weiter. Sie nennen es Deflation, wenn die Preissteigerungsrate unter zwei Prozent liegt und im Trend rückläufig ist. Dahinter steckt die Idee, dass sich bei ein bisschen Inflation Anpassungsprozesse leichter vollziehen können. Das mag sein, ist aber kein Grund, vor einer Deflation mit all ihren Folgen zu warnen.

Tatsächlich ist eine Deflation eher unwahrscheinlich. Denn die Notenbanken der Welt haben anders als in den 30er Jahren die Märkte mit Geld geflutet. Obendrein fahren die meisten Staaten zum Teil gewaltige Defizite. Auch das verträgt sich nicht mit der Situation in den 30er Jahren. Schließlich gibt es auch bei den Löhnen noch immer einen kleinen Aufwärtstrend. Das alles spricht gegen eine Deflation, eher für die Gefahr einer Inflation, wenn die Wirtschaft wieder anspringen sollte.

Doch selbst eine wirkliche Deflation hat einen Ankerpunkt. Sollten Preise und Löhne sinken, ist das Geldvermögen mehr wert. Das schafft Konsumanreize und damit auch neue Investitionsgelegenheiten. Man sollte deshalb nicht allzu ängstlich vor einer Deflation sein.

Fragen? Schreiben Sie dem Autor unter kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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