Interview mit Siemens-Vorstand Roland Fischer Zu viele Solaranlagen in Deutschland

Düsseldorf · Im Interview mit unserer Redaktion spricht Siemens-Vorstand Roland Fischer über die Kosten der Energiewende, die Zukunft der Solartechnik und über den neuen Umweltminister.

 Siemensmanager Dr. Roland Fischer spricht mit unserer redaktion über Fragen der Energiewende.

Siemensmanager Dr. Roland Fischer spricht mit unserer redaktion über Fragen der Energiewende.

Foto: Siemens

Siemens baut für die Stadtwerke Düsseldorf ein neues Gaskraftwerk, wie es für die Energiewende nötig ist. Was sind deren größten Probleme?

Fischer Die größte Herausforderung besteht darin, das Thema nicht ausschließlich auf erneuerbare Energien zu reduzieren, sondern ein ganzheitliches Konzept zu entwickeln. Es ist nicht damit getan, nur Photovoltaik-Paneele zu installieren. Wir brauchen einen sorgfältig abgestimmten Energiemix.

Wird der Umstieg auf erneuerbare Energien funktionieren?

Fischer Inzwischen glaube ich daran. Wenn Sie mich vor einem dreiviertel Jahr gefragt hätten, hätte ich gezweifelt. Aber der neue Umweltminister setzt die richtigen Akzente. Wir sind ein starkes Industrieland, wir haben die Möglichkeiten. Wenn's einer schafft, dann tendenziell wir.

Würden Sie Bürgern empfehlen, Solarpaneelen auf ihr Haus zu installieren?

Fischer Eher nicht. Denn das geht in die falsche Richtung, solange das Problem der Speicherung nicht gelöst ist. In Summe haben wir einen zu starken Zubau bei dieser Technologie. Wir brauchen eine radikale Änderung des Einspeisegesetzes, wir müssen stärker kontrollieren und in eine Richtung lenken, die gesamtwirtschaftlich verträglich ist.

Es sollen also nicht unkontrolliert Solarzellen gebaut werden?

Fischer Was ich kritisch sehe, ist das Einspeisegesetz. Dass man eine Technologie fördert, um sie in den Markt zu bringen, ist richtig, solange der Anteil dieser Technik eine überschaubare Größenordnung hat. Jetzt, da in Deutschland 25 Gigawatt Photovoltaik installiert sind, muss ich diese Technik den Marktgesetzen unterwerfen. Es ist sinnlos, 100 oder 200 Gigawatt zu installieren, wenn ich nur 40 brauche.

Es sei denn, man kann die Energie speichern ...

Fischer Die Speicherung von überschüssigem Strom ist das größte problem. Bis auf Pumpwasserspeicher steht kein vernünftiges Speichermedium zur Verfügung. Deswegen arbeitet die Industrie mit Hochdruck an allen möglichen technischen Lösungen.

Welche Möglichkeiten sind denkbar?

Fischer Man könnte Batterien nutzen. Oder Druckluftspeicher. Auch die thermische Speicherung von Wärme im Boden ist möglich. Es ist aber keine Technologie so ausgereift, dass man schon sagen könnte, welche es in Zukunft werden wird.

Wie sieht denn der ideale Energie-Mix aus?

Fischer: Da gibt es die bekannten Erneuerbaren Energien wie Wind, Wasser und Sonne. Es gehören auch Biomasseanlagen, Kraft-Wärme-Kopplung sowie Gas- und Dampfkraftwerke dazu. Bei dem Mix muss man sich an den Fakten orientieren. In Deutschland gibt es einen mittleren Strombedarf von 65 Gigawatt. Die Kunst besteht darin, den Bedarf mit der Stromerzeugung nachzuführen. Dafür brauchen wir ausreichend belastbare Kapazitäten wie beispielsweise effiziente GuD-Kraftwerke.

Die Stromversorgung wird also immer komplexer. Hat das Auswirkungen auf die Verbraucher?

Fischer: Wir hatten früher drei Elemente in einer eindimensionalen Ausrichtung, also Stromerzeuger, Stromlieferant und Verbraucher. Jetzt haben wir deutlich mehr Elemente. Es gibt Privatpersonen mit Solarpaneelen auf den Dächern. Die Rolle des klassischen Verbrauchers, der nur eindimensional aufnimmt und verbraucht, die ändert sich.

Um weg zu kommen von dem fossilen Brennstoff Erdgas, könnte man methanisierten Wasserstoff nutzen. Ist das eine Alternative?

Fischer: Technisch ist das möglich. Man kann z.B. mit Hilfe von überschüssigem Windstrom Wasserstoff erzeugen. Unter weiterem Energieeinsatz kann man diesen Wasserstoff zu künstlichem Erdgas weiterverarbeiten und im bestehenden Gasnetz problemlos speichern. Es verbrennt auch genauso wie natürliches Erdgas. Allerdings muss man wie bei anderen Speicherarten auch hier mit Verlusten rechnen..

Wie sehen Sie Deutschlands Rolle im globalen Gefüge?

Fischer: Deutschland hat eine Vorreiterrolle. Wir werden aus allen Regionen interessiert beobachtet. Einige Länder finden es gut, andere halten uns für zu ambitioniert. Wenn unsere Energiewende gelingt, kann sie Modell für andere Länder sein.

Kerstin Artz führte das Gespräch

(felt)
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