Stahlkonzern im Umbau Uni-Professor wird neuer Chefkontrolleur bei Thyssenkrupp

Essen · Die Suche nach einem externen Aufsichtsrats-Chef für den Industriekonzern ist gescheitert. Nun wird Bernhard Pellens Chefkontrolleur. Guido Kerkhoff darf Konzernchef auf Dauer bleiben. Er setzte nun überraschend die Aufspaltung des Konzerns durch.

 Bernhard Pellens (Archivbild).

Bernhard Pellens (Archivbild).

Foto: Ruhr Universität Bochum

Thyssenkrupp kommt nur mühsam aus der Krise. Die Suche nach einem neuen externen Aufsichtsratschef ist gescheitert. Das Gremium wählte am Sonntag einstimmig Bernhard Pellens (62) zum Nachfolger von Ulrich Lehner, der sein Amt Ende Juli aufgegeben hatte. Eigentlich sollte Pellens einen externen Kandidaten finden, doch er handelte sich viele Absagen von Managern der ersten Reihe ein, wie es in Branchenkreisen heißt. Pellens ist bereits seit 2005 Mitglied des Aufsichtsrats und im Hauptberuf Professor für Betriebswirtschaft an der Ruhr-Universität Bochum.

Zugleich machte der Aufsichtsrat den Interims-Vorsitzenden Guido Kerkhoff zum Chef auf Dauer. Im Sommer hatte Heinrich Hiesinger das Handtuch als Vorstandschef geworfen und damit eine schwere Führungskrise ausgelöst. „Kerkhoff erhält einen neuen Fünfjahresvertrag und wird damit dauerhaft als Vorstandsvorsitzender die Führung des Konzerns übernehmen“, teilte der Konzern am Sonntag mit. Auch der Vertrag von Personalvorstand Oliver Burkhard wurde bis 2023 verlängert. Perspektivisch solle der Vorstand um einen Finanzvorstand erweitert werden, so der Konzern weiter. Bislang war Kerkhoff für die Finanzen zuständig.

Zugleich stimmte der Aufsichtsrat der Aufteilung des Konzerns zu, die der Vorstand bereits am Freitag erläutert hatte. Danach spaltet sich Thyssenkrupp in zwei Teile: Thyssenkrupp Materials bekommt die Problemgeschäfte wie das Marine-Geschäft und die Beteiligung am Stahl Joint Venture mit Tata, Thyssenkrupp Industrials die Perlen wie die Aufzugssparte und das Autozulieferer-Geschäft. Der Vorstand wurde nun beauftragt, in den kommenden Monaten die Details der Transaktion auszuarbeiten.

Ursula Gather, die Chefin der Krupp-Stiftung und damit des größten Aktionärs von Thyssenkrupp, erklärte: „Dieser Vorschlag besitzt eine überzeugende industrielle Logik. Die Stiftung steht voll hinter dem aktiven Vorstand und befürwortet eine konsequente Umsetzung der Vorschläge unter Führung von Guido Kerkhoff.“ In den vergangenen Monaten war Gather, im Hauptberuf Rektorin der Uni Dortmund, wegen ihres Schlingerkurses von vielen Seiten scharf kritisiert worden.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet begrüßt die Aufspaltung von Thyssenkrupp: „Wochenlange intensive Gespräche haben ein gutes Konzept ermöglicht, dass Thyssenkrupp eine industrielle Zukunft ermöglicht“, sagte Laschet unserer Redaktion. „Ich begrüße, dass vor allem Arbeitnehmervertreter und Anteilseigner gemeinsam den Weg gehen wollen für eine industriepolitische Lösung, die dauerhaft die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens sichern kann.“ Das entspreche der Tradition verantwortungsvoller Sozialpartnerschaft.

Zugleich mahnte Laschet den Erhalt der Arbeitsplätze an: „Es ist wichtig, dass die Unternehmensführung betont, dass durch die Spaltung des Unternehmens der Erhalt von Arbeitsplätzen nicht gefährdet werden soll. Es bleibt bei unserem Anliegen nach einer tragfähigen Lösung, denn kurzfristige Gewinne bedeuten keine Nachhaltigkeit."

Friedrich von Bohlen, Neffe des letzten Alleininhabers Alfried Krupp, kritisierte im Gespräch mit unserer Redaktion die Zerschlagung: „Zweiheit ist nicht Einheit. Hier wird der testamentarische Stiftungsauftrag, die Einheit des Unternehmens zu wahren, erkennbar definitiv verletzt.“

Von Bohlen fürchtet: „Es ist sehr wahrscheinlich, dass das Unternehmen weitere Kapitalerhöhungen durchführen muss. Dann werden Anteil und Einfluss der Stiftung, die vermutlich keine Reserven hat, weiter fallen. Das war sicher nicht der Wille der Vorfahren und des Stifters.“

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