Fragen und Antworten HRE: Der Milliardenprozess steht vor der Entscheidung

München · Geschädigte Aktionäre der Immobilienbank Hypo Real Estate können sich Hoffnung auf Schadenersatz für ihre Kursverluste machen. Am Montag wird der entscheidende Musterprozess vor dem Oberlandesgericht München fortgesetzt.

Hypo Real Estate: Fragen und Antworten zum Prozess
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Foto: AP, AP

Der verstaatlichten Immobilienbank Hypo Real Estate drohen hohe Schadenersatzzahlungen an ihre ehemaligen Aktionäre. Im milliardenschweren Musterprozess um eine Entschädigung für Kursverluste vor dem Oberlandesgericht München hatten die Richter dem Unternehmen eine Einigung mit den Aktionären nahegelegt. Nach einigen Monaten Bedenkzeit wird der Prozess am Montag fortgesetzt - dann wird sich zeigen, ob die Bank einlenkt. Da sie seit der Notverstaatlichung im Jahr 2009 im Staatsbesitz ist, würde der Schadenersatz letztlich die Steuerzahler in Deutschland belasten.

Worum geht es in dem Prozess?

Ehemalige Aktionäre werfen der HRE vor, zu spät auf ihre Probleme durch die Finanzkrise hingewiesen zu haben. Am 15. Januar 2008 hatte der Konzern in einer Pflichtmitteilung massive Belastungen bekanntgegeben und damit die Börse geschockt. Innerhalb eines Tages brach die Aktie um mehr als ein Drittel ein und sackte danach weiter ab. Viele Aktionäre verloren dadurch ein Vermögen. Insgesamt fordern die Kläger in dem Prozess rund 1,1 Milliarden Euro Entschädigung.

Wie beurteilen die Richter die Vorwürfe?

Der Vorsitzende Richter Guido Kotschy hatte den Anlegern Hoffnung gemacht. "Die Fakten sprechen eine starke Sprache", sagte er nach den ersten Verhandlungstagen im Februar. Nach Einschätzung des Gerichts wusste das Unternehmen bereits im November 2007 von Belastungen aus der US-Finanzkrise. Es stelle sich die Frage, ob nicht hier schon eine Ad-Hoc-Mitteilung hätte erfolgen müssen. Kotschy empfahl der Hypo Real Estate einen "beherzten Schritt" nach vorn. "Wir sind der Auffassung, dass es hilfreich wäre."

Warum haben die Anleger überhaupt Geld in die HRE gesteckt?

Die Hypo Real Estate galt als ein solides Unternehmen. Die Aktie war vor ihrer Krise im Dax notiert, also in der ersten Liga der Börse in Deutschland. Viele Anleger dachten, dass ihr Geld besonders gut angelegt ist, weil die Hypo Real Estate auf die Finanzierung großer Immobilienprojekte weltweit spezialisiert war. Im September 2008 geriet die HRE aber in größte Not, weil ihre irische Tochter Depfa Geld langfristig verliehen und sich extrem kurzfristig refinanziert hatte. Nach der Lehman-Pleite ging diese Rechnung nicht mehr auf und sie kam nicht mehr an Geld: Es fehlten plötzlich 35 Milliarden Euro.

Warum wird ein Musterprozess geführt?

Am Landgericht München gingen nach dem HRE-Drama unzählige Schadenersatzklagen ehemaliger Anleger ein. Statt jede einzeln zu verhandeln, werden zentrale Fragen der Beweisaufnahme nun in dem Musterverfahren geklärt. Der Prozess sei deshalb richtungsweisend, sagte die Anwältin Daniela Bergdolt, die zahlreiche HRE-Anleger in anderen Verfahren vertritt. Grundlage für das Musterfahren ist das "Kapitalanleger Musterverfahrensgesetz".

Warum wurde der frühere Chef Funke nicht im Prozess vernommen?

Weil er nicht gekommen ist. Georg Funke war Anfang Februar als Zeuge geladen, hatte seinen Auftritt aber in letzter Minute abgesagt. Sein Anwalt begründete dies mit den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, die gegen Funke laufen. Mit der Anklage gegen ihn und weitere Ex-Manager der Hypo Real Estate wird in Kürze gerechnet. Funke war nach dem Desaster bei der HRE von München nach Mallorca gezogen und handelte dort eine Zeit lang mit Ferienimmobilien. In Interviews wehrte er sich aber aus der Ferne gegen den Vorwurf, Schuld für das HRE-Drama zu tragen.

(dpa)
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