Düsseldorf Konzerne wenden sich von Desertec ab

Düsseldorf · Das Betreiberunternehmen Dii schrumpft zu einer Beratungsfirma mit weniger als zehn Experten.

Was hatten sie für ein Bohei gemacht, die Gründer der Wüstenstrom-Initiative Desertec. Von dem größten Projekt seit der Mondlandung war die Rede, von Investitionen von 400 Milliarden Euro und einer Stromproduktion, die in wenigen Jahren 15 Prozent des europäischen Energiebedarfs decken könnte. Solarenergie aus der sonnenreichen Wüste - Konzerne wie Siemens, die Deutsche Bank, Bosch, Munich Re, Eon und viele weitere witterten ein lukratives Geschäft.

In der Nacht zu gestern wandte sich das Gros der verbliebenen Gesellschafter der Dii GmbH von dem einstigen Prestigeobjekt ab. Von den großspurigen Tönen der Anfangszeit ist wenig geblieben. Die Geschichte von Desertec ist eine Mischung aus übersteigerten Erwartungen, trägen Abläufen und am Ende einer gehörigen Portion Pech: Ohne die Umstürze des "Arabischen Frühlings" und die damit einhergehenden Konflikte wäre das Projekt womöglich anders verlaufen. Gerade einmal 25 bis 30 Solarstrom- und Windkraft-Projekte mit einer Leistung von drei Gigawatt wurden seit 2009 in Nordafrika Realität. Von den geplanten Groß-Solarkraftwerken wurde nie eines gebaut.

Dii-Geschäftsführer Paul van Son, der Anfang 2015 zum Essener Energiekonzern RWE wechselt, war es, der gestern mit unerschütterlichem Optimismus über die Fortführung des kläglichen Restes von Desertec informierte: Von ehemals 20 Gesellschaftern haben gerade noch drei erklärt, sich künftig an der Gesellschaft zu beteiligen: RWE, ACWA Power aus Saudi-Arabien und SGCC aus China. Deren finanzielles Engagement werde ungefähr in der Höhe der bislang von den Gesellschaftern eingebrachten Beiträge liegen, sagte van Son. "Da geht es nicht um große Summen." Im Klartext würde das bedeuten, dass die Dii künftig gerade noch ein Budget von 300 000 Euro pro Jahr hätte. Es bleibt eine reine Dienstleistungs- und Beratungsfirma mit weniger als zehn Experten. Ob diese wie bislang in München angesiedelt sein müsse, sei fraglich, sagte van Son. Die Experten könnten in der Region vor Ort angesiedelt sein.

Der Dii-Geschäftsführer erklärte, es sei ein großer Vorteil, dass die Gruppe künftig "so klein und fein" sei. Mit 20 beteiligten Firmen seien die Diskussionen teils sehr langwierig gewesen. "Der Gedanke vom Wüstenstrom wird weitergeführt", sagte der künftige RWE-Manager.

(RP)
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