Hoffen auf Grundsatz-Urteil Immer mehr Rentner müssen Steuern zahlen

Berlin · Der Bundesfinanzhof will bis Jahresende entscheiden, ob die Besteuerung zulässig ist. Fünf Millionen Senioren sind bereits steuerpflichtig. Doch auch sie können sparen und Ausgaben absetzen. Der neue Teil unserer Rentenserie.

Rentner können Kosten für Handwerker und Putzhilfen steuerlich geltend machen.

Rentner können Kosten für Handwerker und Putzhilfen steuerlich geltend machen.

Foto: dpa-tmn/Kai Remmers

Senioren können hoffen: Beim Bundesfinanzhof laufen zwei Verfahren gegen die Renten-Besteuerung, die voraussichtlich bis Jahresende entschieden werden. Ein Verfahren begleitet der Bund der Steuerzahler (BdSt) als Musterklage. „Eine Doppelbesteuerung von Renten ist tabu, dies hat das Verfassungsgericht schon entschieden. Jetzt geht es konkret um die Frage, ob sie in der Praxis dennoch vorkommt und wie eine solche Doppelbesteuerung berechnet wird“, sagte BdSt-Präsident Reiner Holznagel unserer Redaktion. Bisher habe sich die Politik vor allem mit der Höhe der Bruttorente befasst. Für Senioren sei aber entscheidend, was ihnen nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben bleibt. „Gespannt erwarten wir die Entscheidungen, die auch für andere Senioren wichtig sind.“ Fünf Millionen Rentner sind steuerpflichtig, über 1,3 Millionen allein in NRW. Und es werden mehr: Jahrgang für Jahrgang steigt der Teil der Rente, auf den der Fiskus zugreift.

Wer muss zahlen? Wer neben der Rente eine Betriebsrente, Miet- oder Kapitaleinkünfte hat, muss oft zahlen. Wer nur eine gesetzliche Rente bezieht, muss auf das Jahr des Ruhestands achten: Wer bis 2005 Rentner wurde, muss 50 Prozent versteuern. 78 Prozent sind es für die, die 2019 aufhörten. Steuerpflichtig sind Rentner aber nur, wenn sie damit über dem jährlichen Grundfreibetrag liegen. 2020 liegt dieser bei 9408 Euro.

Wann fällt die Steuer an? Für jeden Jahrgang schreibt der Fiskus einen steuerfreien Betrag fest, den die Betroffenen „mitnehmen“. Wer im vergangenen Jahr aus dem Job ausschied, bleibt unbehelligt, wenn seine Monatsrente nicht mehr als 1200 Euro beträgt (und er keine weiteren Einkünfte hat). Beim Rentenbeginn in früheren Jahren liegt die unbelastete Rente höher.

Kann man steuerpflichtig werden, wenn man es bisher nicht war? Ja. Manchmal reichen bei guten Rente schon kleine Erhöhungen aus, um steuerpflichtig zu werden. Das gilt besonders, wenn die Rentenerhöhung so kräftig ausfällt wie 2020. Gleiches gilt, wenn eine Frau Witwe wird und neben ihrer eigenen eine Witwenrente erhält. Sie kann steuerpflichtig werden, obwohl das Paar es zu Lebzeiten des Mannes nicht war. Denn das Paar hatte zwei Freibeträge, die Witwe hat nur einen.

Wer sollte eine Erklärung abgeben? Alle Neurentner. Nicht selten wartet sogar eine Erstattung auf sie, rät die Verbraucherzentrale. Eine Erklärung lohnt sich auch, wenn Kapitalertragssteuer einbehalten wird. Rentner haben oft einen individuellen Steuersatz, der unter den 25 Prozent der Abgeltungssteuer liegt. Wer mehrere Einkünfte hat, sollte ohnehin auf Nummer sicher gehen.

Was ist mit anderen Renten? Auf Betriebs-, Privat- und Riesterrenten fällt Einkommensteuer an, sofern man über dem Grundfreibetrag liegt. Bei Privatrenten wird der Ertragsanteil besteuert. Wer eine Lebensversicherung als Einmalzahlung erhält, muss diese versteuern, wenn sie nach 2004 abgeschlossen wurde.

Wie können Rentner sparen? Auch sie können den Werbekosten-Pauschbetrag, Spenden und Mitgliedsbeiträge (etwa für Parteien) geltend machen. Wer eine Putzfrau beschäftigt, kann die Kosten als haushaltsnahe Dienstleistung angeben. Bei Handwerker-Rechnungen kann man 20 Prozent des Arbeitslohns absetzen, maximal 1200 Euro. Hohe Gesundheitsausgaben können als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden. Infrage kommen die Selbstbeteiligung beim Zahnarzt oder Kosten für Arzneien und Krankengymnastik, die die Kasse nicht übernimmt. Diese müssen vom Arzt verordnet sein.

Welche Formulare braucht man?  Rentner müssen den Mantelbogen und die „Anlage R“ ausfüllen. In der „Anlage Vorsorgeaufwand“ kann man Kranken-, Pflege- und andere Versicherungsbeiträge angeben. Die Formulare gibt es beim Finanzamt oder unter www.formulare-bfinv.de.

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