Nazi-Kontakte Drygalla reist ab

London · Die Ruderin aus dem Deutschland-Achter hat nach einem längeren Gespräch mit der DOSB-Spitze Olympia verlassen. Ihr werden Kontakte zu einem führenden Mitglied der rechtsextremen Szene vorgehalten. Das Innenministerium von Mecklenburg-Vorpommern bestätigte diese Kontakte.

Das ist die Ruderin Nadja Drygalla
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Das ist die Ruderin Nadja Drygalla

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Nach dem plötzlichen Auszug von Ruderin Nadja Drygalla aus dem Olympischen Dorf herrscht im deutschen Team in London helle Aufregung. Dem Radiosender NDR zufolge soll Drygalla mit einem Mann liiert sein, der im vergangenen Jahr in Rostock als Direktkandidat der rechtsextremen NPD zur Landtagswahl angetreten war. Er schreibe regelmäßig für ein NPD-nahes Internetportal und sei führendes Mitglied der regionalen Kameradschaft "Nationale Sozialisten Rostock", berichtete der Sender. Die Beziehung soll bereits seit dem Frühjahr bekannt sein. Drygalla hat sich nicht geäußert.

Das Innenministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern bestätigte unterdessen Kontakte der ehemaligen Polizeianwärterin zur "offen agierenden rechtsextremistischen Szene". Sie habe darüber sogar mit ihrer Behörde Gespräche geführt, die ihrem Austritt aus dem Dienst im September 2011 vorausgingen. "Nachdem im Jahr 2011 dem Innenministerium bekannt wurde, dass auch Personen zum Bekanntenkreis von Nadja Drygalla gehören, die der offen agierenden rechtsextremistischen Szene zugehörig sind, wurden mit ihr intensive Personalgespräche geführt", teilte das Ministerium mit.

Die Gespräche hätten dazu geführt, "dass Nadja Drygalla einen Antrag auf Entlassung stellte, welchem mit Wirkung vom 30.09.2011 stattgegeben wurde". Meldungen, wonach der Lebensgefährte von Drygalla zur rechtsextremen Szene in Rostock gehört, wollte die Behörde nicht bestätigen. Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier wies eine Schuld an der Nominierung der Ruderin für den Achter zurück. "Entgegen anderslautenden Medienberichten zeichnet das Innenministerium für die Entsendung der olympischen Teilnehmer nicht verantwortlich, sondern die jeweiligen Sportverbände", erklärte Caffier.

"Sie hat mehrfach beteuert, mit der rechten Szene nichts zu tun zu haben", sagte der Präsident des Deutschen Ruder-Verbandes (DRV), Siegfried Kaidel. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) wollte sich zu den genauen Gründen für Drygallas Abreise nicht äußern. Michael Vesper, der Chef de Mission, hielt sich auf einer Pressekonferenz in London bedeckt. "Sie hat die Dinge aus ihrer Sicht geschildert. Ich habe ihr das Problem dargebracht", sagte er.

"Wenn wir nur den leisesten Hinweis hätten, dass jemand in unserem Kader fremdenfeindlich ist, wäre diese Person nicht in der Olympia-Mannschaft", sagte Vesper und bestritt vehement, dass der Neofaschismus dem deutschen Leistungssport gefährlich nahe komme: "Die These möchte ich mit aller Entschiedenheit zurückweisen. Es gibt nicht den geringsten Hinweis in diese Richtung, im Gegenteil."

Nadja Drygalla hatte das Olympische Dorf, wie Vesper sagte, aus freien Stücken verlassen, "um keine Belastung für die Olympiamannschaft entstehen zu lassen". Der DOSB begrüße diesen Schritt. Er gehe nicht davon aus, dass bei Drygalla ein aktueller rechtsextremer Hintergrund bestehe, erklärte Vesper. Er habe keine Zweifel, dass die Ruderin "auf dem Boden des Grundgesetzes und der olympischen Werte steht", sagte der Chef de Mission. Die Rostockerin habe sich im Gespräch mit der DOSB-Führung von der rechtsextremen Szene distanziert.

Die Verbindung zu einem anscheinend rechtsextremen Partner machte Vesper Drygalla nicht zum Vorwurf. "In Deutschland gibt es Gott sei Dank den Grundsatz, dass jeder für seine eigenen Taten verantwortlich ist und nicht für die seines Umfeldes", sagte er.

(RP/chk)
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