Fall in Dinslaken - 20-jähriger Verdächtiger ermittelt Israel-Flagge nachts auf Lohberger Marktplatz verbrannt

Dinslaken · Ein Video zeigt drei junge Männer, die die Flagge vom Rathaus stehlen. Anschließend wurde das Tuch auf dem Johannesplatz in Brand gesteckt. Die Polizei fand davon noch Rückstände auf dem Pflaster. Bürgermeisterin Eislöffel dankt den Ermittlungsbehörden für ihre Arbeit.

Der Marktplatz an einem Mittwoch, der Markt wird gerade abgebaut.

Der Marktplatz an einem Mittwoch, der Markt wird gerade abgebaut.

Foto: Zehrfeld

Die Israel-Flagge, die vermutlich in der Nacht zu Donnerstag vom Fahnenmast am Dinslakener Rathaus gestohlen worden ist, ist nach den Erkenntnissen des Staatsschutzes nachts auf dem Johannesplatz in Lohberg verbrannt worden. Ein Video davon kursiert in einem sozialen Netzwerk. Einen mutmaßlichen Täter hat die Polizei ermittelt: Es handelt sich um einen 20-Jährigen aus Dinslaken.

Von dem Video, durch den der Verdächtige gefasst wurde, erlangten die Beamten am Freitagabend Kenntnis. „Man sieht drei junge Männer, die die Fahne in der Hand haben. Da stehen sie noch vor dem Rathaus“, beschreibt Sprecher Jonas Tepe die Szene. Dann kommt ein Schnitt. „Die nächste Aufnahme ist: Die Fahne liegt brennend auf dem Boden.“

Alle Bilder sind nachts entstanden. Wann genau, ist noch unklar, aber das Zeitfenster ist nicht allzu groß. Gestohlen wurde die Flagge wie berichtet vermutlich in der Nacht zu Donnerstag, und am Freitag war das Video in der Welt – womöglich hat sich alles in der selben Nacht abgespielt.

Dass die Verbrennung wirklich auf dem Lohberger Markt stattgefunden hat, wurde laut Polizei durch einen physischen Beweis bestätigt: „Man hat da Rückstände von der Flagge gefunden.“

Der verdächtige 20-Jährige aus Dinslaken habe einen „Migrationshintergrund“. Weitere Details zur Person und zu den Ermittlungen gibt der Staatsschutz mit Hinweis auf die laufenden Untersuchungen nicht heraus. Auch nicht dazu, wie die Ermittler an den kurzen Film oder die Information über die Identität des mutmaßlichen Täters kamen. Ebenso wenig dazu, ob der Heranwachsende sich zu einem möglichen Motiv oder überhaupt zu den Vorwürfen geäußert hat. „Man steckt da ja noch am Anfang der Ermittlungen“, erklärt Jonas Tepe.

Derzeit hoffe man, dass die öffentliche Aufmerksamkeit dazu führt, dass auch die beiden bislang unbekannten Männer ausfindig gemacht werden, die auf dem Filmmaterial zu sehen sind. „Wir suchen Zeugen und hoffen, dass sich Menschen an die Polizei wenden, die die anderen beiden Männer auf dem Video sehen“ – oder, die aus anderen Gründen Hinweise geben könnten. Ermittelt wird wegen des „Verdachts der Verletzung von Flaggen ausländischer Staaten“.

Bürgermeisterin Michaela Eislöffel fand am Dienstag erneut klare Worte. „Ich danke den Ermittlungsbehörden für ihren Einsatz und habe vollstes Vertrauen, dass dieser aggressive Akt der Flaggenverbrennung entsprechend geahndet wird“, teilte sie mit. „In unserer Stadt leben viele Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religion. Wir begegnen uns in Dinslaken mit Respekt, Solidarität und Toleranz. Für Antisemitismus, Diskriminierung und Aggressionen ist in Dinslaken kein Platz.“

Die israelische Fahne hängt normalerweise ebenso wie die französische Fahne vor dem Dinslakener Rathaus; Dinslaken unterhält Städtepartnerschaften mit Arad und Agen in den beiden Ländern. Am Donnerstag fehlte das Tuch plötzlich. Wegen des eskalierenden Konfliktes zwischen Israel und der palästinensischen Seite im Nahen Osten hatte es in verschiedenen deutschen Städten israel-feindliche und antisemitische Ausschreitungen gegeben.

Kostenpflichtiger Inhalt Bürgermeisterin Eislöffel hatte sich über das Geschehen persönlich bestürzt gezeigt und zunächst alle Fahnen vom Rathaus abnehmen lassen. Auch haben verschiedene Institutionen in den Tagen nach dem Diebstahl gegen Hass, Israel-Feindlichkeit und Antisemitismus Stellung bezogen. Die Linke in Dinslaken richtet dabei einen Blick konkret auf kulturelle Hintergründe. Es bedürfe „einer nachhaltigen, öffentlichen Thematisierung des Problems Antisemitismus“, fordert die Partei. Dabei spiele die Auseinandersetzung mit der NS-Geschichte und rechtsextremen Ideologien eine entscheidende Rolle. „In der modernen Einwanderungsgesellschaft Deutschland müssen aber auch andere und neue Zugänge zum Thema gefunden werden, um vorhandenen antisemitischen Vorurteilen von Migrantinnen und Migranten zu begegnen.“

Dem immer wieder aufkeimenden Antisemitismus könne man zudem nur begegnen, indem das jüdische Leben in Deutschland aktiv gefördert werde. „Dazu gehört insbesondere die Unterstützung kultureller, akademischer und gesellschaftlicher Einrichtungen.“

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