Olympia-Ruderin Drygalla Ministerium bestätigt Kontakte zur rechten Szene

Rostock · Nach dem plötzlichen Auszug von Ruderin Nadja Drygalla aus dem olympischen Dorf herrscht im deutschen Team in London helle Aufregung. Die Mannschafts-Leitung befürchtete eine Eskalation in den internationalen Medien, nicht nur bei den Ruderern wurde der Fall intensiv diskutiert.

Das ist die Ruderin Nadja Drygalla
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Chef de Mission Michael Vesper war am Freitag deutlich bemüht, in der für den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und Deutschen Ruderverband (DRV) heiklen Angelegenheit keine zusätzliche Angriffsfläche zu bieten. Bei den genauen Gründen für Drygallas Abreise hielt sich der DOSB-Generaldirektor bedeckt.

Dem Radiosender NDR 1 Radio MV zufolge soll Drygalla mit einem Mann liiert sein, der im vergangenen Jahr in Rostock als Direktkandidat der rechtsextremen NPD zur Landtagswahl angetreten war. Er schreibe regelmäßig für ein NPD-nahes Internetportal und sei führendes Mitglied der regionalen Kameradschaft "Nationale Sozialisten Rostock", berichtete der Sender.

Sowohl Vesper als auch DRV-Präsident Siegfried Kaidel versicherten am Freitag, erst tags zuvor von den Gerüchten um Drygallas Umfeld gehört zu haben. "Es ist auch nicht Aufgabe des Verbandes zu prüfen, wer mit wem zusammen ist. Wir befassen uns nicht mit privaten Beziehungen", sagte Kaidel der Nachrichtenagentur dpa. Sie habe sich laut seinem Kenntnisstand nichts zuschulden kommen lassen. Er kündigte an, nach den Spielen noch im August ein weiteres Gespräch mit der Achter-Frau zu führen.

Ministerium bestätigt Kontakte zur rechtsextrimistischen Szene

Das Innenministerium in Mecklenburg-Vorpommern bestätigte indes, dass Drygalla bereits Ende September vergangenen Jahres freiwillig aus dem Polizeidienst ausgetreten war. "Nachdem im Jahr 2011 dem Innenministerium bekanntwurde, dass auch Personen zum Bekanntenkreis von Nadja Drygalla gehören, die der offen agierenden rechtsextremistischen Szene zugehörig sind, wurden mit ihr intensive Personalgespräche geführt, die dazu führten, dass Nadja Drygalla einen Antrag auf Entlassung stellte, welchem mit Wirkung vom 30.09.2011 stattgegeben wurde", hieß es in einer Mitteilung des Ministeriums.

Drygalla selbst hat sich öffentlich bislang nicht zu den Hintergründen ihrer Abreise geäußert. Die 23 Jahre alte Rostockerin war Mitglied des deutschen Frauen-Achters, der in London im Hoffnungslauf ausschied.

Nachdem sie mit den ersten Berichten über das private Umfeld von Drygalla konfrontiert wurde, reagierte die Leitung der deutschen Mannschaft am Donnerstag schnell. Noch am Abend suchte Vesper gemeinsam mit DRV-Sportdirektor Mario Woldt das Gespräch mit der Sportlerin. "Sie hat die Dinge aus ihrer Sicht geschildert. Ich habe ihr das Problem dargebracht", berichtete Vesper von der eineinhalbstündigen Unterredung.

"Sie hat in dem Gespräch keinen Zweifel daran gelassen, hat das auch glaubwürdig gemacht - so wie ich meine -, dass sie voll und ganz hinter den Werten der olympischen Charta steht, voll und ganz hinter den Prinzipien, die der DOSB in seiner Satzung vertritt", sagte Vesper. Drygalla hat sich seinen Angaben nach von rechtsradikalen Haltungen in ihrem Umfeld distanziert. "Ja, selbstverständlich, natürlich. Das war auch völlig zweifelsfrei", antwortete er auf eine entsprechende Frage.

Die Athletin habe am Ende selbst entschieden, das olympische Dorf zu verlassen, um jede mögliche Belastung von der Mannschaft zu nehmen. "Das habe ich begrüßt." Auch DRV-Chef Kaidel betonte: "Sie hat mehrfach beteuert, mit der rechten Szene nichts zu tun zu haben."

Vesper warnte davor, voreilige Schlüsse zu ziehen. "Ich denke, dass es in Deutschland schon noch Gott sei Dank den Grundsatz gibt, dass jeder für seine eigenen Haltungen und Taten verantwortlich ist und nicht für diejenigen seines Umfelds", meinte der ehemalige Grünen-Politiker. Das Wort "Rechtsextremismus" nahm er nicht in den Mund.

Entscheidend sei, wie Drygalla selber denkt und wie sie zu den demokratischen Grundsätzen steht. Wenn der DOSB irgendeinen Zweifel hätte - in diesem oder einem anderen Fall -, "dann wäre eine Mitgliedschaft in dieser Mannschaft nicht möglich", betonte er.

Vesper wies die These entschieden zurück, dass die rechtsextreme Szene dem Leistungssport nahe gekommen sei. "Da gibt es nicht den geringsten Hinweis in diese Richtung", sagte er. Unterstützung fand er bei Martin Sauer, Steuermann des deutschen Gold-Achters: "Ich glaube, der Sport ist schon widerstandsfähig gegen die rechte Szene.
Gerade wir im Rudersport legen großen Wert darauf, dass unser Verband demokratisch wird. Er ist in dieser Richtung unglaublich aufgestellt."

(dpa)
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