Tennis Görges gelingt Überraschung in Wimbledon

London · Julia Görges hat für die erste große Überraschung beim olympischen Tennisturnier in London gesorgt: Mit einer mutigen, nervenstarken Vorstellung gewann die Bad Oldesloerin am Sonntag ihr Erstrunden-Match gegen Wimbledon-Finalistin Agnieszka Radwanska mit 7:5, 6:7 (5:7), 6:4.

Olympia 2012: Görges schlägt Radwanska
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Beim olympischen Tennisturnier in Wimbledon passieren seltsame Dinge. Wo sonst vornehme Ruhe herrscht, geben die Pet Shop Boys ein Kurzkonzert. Es ist bunt, schrill und hektisch - und Julia Görges schlägt die Weltranglistenzweite Agnieszka Radwanska. Mit 7:5, 6:7 (5:7), 6:4 überraschte die 23-Jährige aus Bad Oldesloe nicht nur die gleichaltrige Polin, sondern auch die Zuschauer unter dem geschlossenen Dach des Centre Courts.

"Das ist etwas Besonderes für mich. Ich bin zum ersten Mal bei Olympia und habe eine Spielerin wie sie geschlagen", sagte Görges, nachdem sie nach 2:16 Stunden ihren ersten Matchball gegen Radwanska verwandelt hatte. Die hatte noch vor exakt drei Wochen das Endspiel an gleicher Stelle gegen Serena Williams (USA) erst nach drei Sätzen knapp verloren.

Görges mit gutem Beginn

Die Weltranglisten-24. Görges war allerdings von Beginn an die dominierende Spielerin auf dem heiligen Rasen, der am zweiten Spieltag bereits etwas angegriffen wirkte. Das neu ausgesäte Grün hat in den drei Wochen Pause anscheinend nicht tief genug Wurzeln schlagen können. Görges war das herzlich egal.

"Das ist hier nicht Wimbledon, das ist Olympia. Es ist etwas anderes, etwas Neues. Daher bin ich sehr entspannt in das Match gegangen", sagte sie. Görges sieht sich als Teamspielerin und lieferte, angefeuert von Philipp Petzschner sowie den Bundestrainern Barbara Rittner und Patrik Kühnen, eines ihrer besten Saisonspiele ab. Ihr gelangen 20 Asse und beinahe doppelt so viele direkte Punkte wie Radwanska. Außerdem unterliefen ihr nur unwesentlich mehr vermeidbare Fehler als der Meisterin des taktischen Spiels.

"Ich musste aggressiv bleiben, sonst spielt sie ihr Spiel, und ich muss hinterherlaufen", sagte Görges, die noch am Freitag mit ihren Teamkolleginnen die Eröffnungsfeier besucht hatte und davon total begeistert war. "Ich wohne auch im Olympischen Dorf und nicht im Haus in Wimbledon, selbst wenn ich dafür früher aufstehen muss", sagte sie: "Ich habe da jede Menge Spaß und kann das auch nur einmal in vier Jahren erleben." Nicht jeder deutsche Spieler denkt so.

Trotz des Überraschungserfolges wollte Görges nicht zu weit vorausschauen. In Runde zwei ist sie zwar Favoritin gegen Varvara Lepchenko (USA) oder Veronica Cepede Royg (Paraguay), doch auch Boris Becker, dreimaliger Wimbledonsieger und an der Seite von Michael Stich 1992 in Barcelona Olympiasieger im Doppel, warnte im Gespräch mit dem SID vor verfrühter Euphorie: "Das Problem ist immer das nächste Spiel. Grundsätzlich wäre ich aber nicht überrascht, wenn eines der deutschen Mädels eine Medaille gewinnen würde. Sogar Silber und Gold sind möglich."

Görges war die einzige Deutsche, die im verregneten London ihr Spiel zu Ende bringen konnte. Angelique Kerber (Kiel/Nr. 7) und Sabine Lisicki (Berlin/Nr. 15) durften nicht unter dem Dach des Centre Courts antreten und müssen am Montag wiederkommen. Während Kerbers Match gegen Petra Cetkovska (Tschechien) komplett ins Wasser fiel, wurde die Partie zwischen Lisicki und Ons Jabeur (Tunesien) beim Stand von 3:4 abgebrochen. Auch die Doppel Görges/Grönefeld und Petzschner/Kas finden erst am Montag statt.

(sid)
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