Ulm im Abstiegssog: "Jeder versteckt sich" "Zebras" mit Galgenhumor, "Spatzen" wie gelähmt

Ulm (sid). Die einen spielten völlig befreit auf, gewannen deutlich und verabschiedeten sich mit einer gehörigen Portion Galgenhumor. Die anderen agierten verkrampft, verloren verdient und hatten absolut nichts zu lachen. Während sich der Tabellenletzte MSV Duisburg nach dem 3:0 (2:0) bei Aufsteiger SSV Ulm im Kampf um den Klassenerhalt in der Fußball-Bundesliga plötzlich wieder minimale Hoffnungen machen darf, befinden sich die "Spatzen" nach der dritten Niederlage in Serie im freien Fall Richtung Zweite Liga.

"Wenn man erst 17 Punkte hat, geht man unheimlich locker ins Spiel. Da hat man nichts zu verlieren", erklärte Duisburgs Uwe Spies das erste Erfolgserlebnis seiner Elf seit dem 9. Februar. Die "Zebras" verbuchten zwar ihren vierten Saisonsieg, bleiben jedoch Tabellenletzter und haben sich innerlich schon mit dem Abstieg abgefunden: "Wir wollen uns mit Anstand verabschieden", gestand Spies ohne Emotionen.

Zwar glaubt Mike Büskens noch so lange an den Klassenerhalt, "bis wir rein rechnerisch keine Chance mehr haben", doch Duisburgs Interimstrainer Seppo Eichkorn warnte seine Spieler nach ihrem couragierten Auftritt vor 23.793 Zuschauern im Donaustadion: "Ich habe ihnen gesagt, sie sollen sich die Tabelle nicht anschauen. Das ist zu frustrierend."

Neun Punkte waren es am Freitagabend noch bis zum rettenden 15. Platz - zu viel, glaubt Eichkorn. Sarkastisch verabschiedete sich der Nachfolger des geschassten Friedhelm Funkel nach den drei Toren von Markus Beierle (33. Minute), Dietmar Hirsch (38.) und Spies (76.) denn auch: "Jetzt kommen die Spieler wenigstens zum Training und haben gute Laune."

Die haben die Ulmer längst verloren: Erst das 1:9-Debakel gegen Bayer Leverkusen, dann ein Eigentor zum 0:1 in Unterhaching und nun eine Schlappe gegen den abgeschlagenen Letzten und dazu noch eine Gelb-Rote Karte für Oliver Otto (59.) wegen wiederholten Foulspiels - die Nerven liegen blank beim SSV. "Wahrscheinlich merkt man die Nachwehen vom 1:9 erst jetzt", sagte Janos Radoki frustriert. Die technischen Unzulänglichkeiten und Fehlpässe hätten die Ulmer durch bedingungslosen Einsatz wettmachen können, doch der habe gefehlt, schimpfte Trainer Martin Andermatt und war darüber "unheimlich traurig".

In dieser Verfassung bleibt der angestrebte Klassenerhalt jedenfalls Utopie. Radoki fällte ein vernichtendes Urteil: "Wir waren zu ängstlich, wie gelähmt. Jeder hat sich versteckt, nach einem Alibi gesucht. Wir reden immer von Moral. Jetzt liegt es an uns, zu zeigen, dass wir Moral haben und eine Mannschaft sind."

Doch die Aussichten sind trübe: Am kommenden Wochenende müssen die "Spatzen" beim deutschen Meister Bayern München antreten, dann kommt Erzrivale VfB Stuttgart. Von den noch verbleibenden sieben Spielen muss Ulm sechsmal gegen Teams ran, die um eine Teilnahme an internationalen Wettbewerben streiten. Nur am letzten Spieltag gastiert Ulm bei Eintracht Frankfurt, einem direkten Konkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt.

Trotz der prekären Lage behält Andermatt die Ruhe, zumindest nach außen: "Wir stecken nicht im Abstiegskampf", verkündete der Schweizer trotzig - und vergaß dabei, dass Ulm immer tiefer in den Strudel gezogen wird. Noch, sagte er, habe man den Ligaerhalt selbst in der Hand. Und: "Die Mannschaft braucht Erfolgserlebnisse, um sich aufzubauen." Die braucht sie wahrlich dringend, ob jedoch der FC Bayern als Aufbaugegner dienen wird, darf bezweifelt werden.

(RPO Archiv)
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