Machtkampf im Verband DFB-Präsident Keller stellt Amt zur Verfügung

Frankfurt · Der Machtkampf beim Deutschen Fußball-Bund fordert personelle Konsequenzen. Präsident Fritz Keller hat seine Bereitschaft zum Rücktritt erklärt, der Vertrag von Generalsekretär Friedrich Curtius soll aufgelöst werden. Der DFB will die „Weichen für eine Neuaufstellung“ stellen.

 Fritz Keller.

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Tabula rasa beim DFB - das Ende des Machtkampfs kennt nur Verlierer: Präsident Fritz Keller tritt gemeinsam mit seinen Widersachern in der heillos zerstrittenen Chefetage ab und macht den Weg für den überfälligen Neuanfang an der Spitze des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) frei. Nach Monaten der lähmenden Führungskrise zieht der erst seit September 2019 im Amt befindliche Keller die Konsequenzen aus dem von ihm verursachten Nazi-Eklat.

Der 64-Jährige, der seinen Stellvertreter Rainer Koch während einer Sitzung mit dem berüchtigten Nazi-Richter Roland Freisler verglichen hatte, muss als dritter DFB-Präsident in Folge seinen Hut nehmen. Wer dem seit Jahren krisengeplagten Verband zukünftig vorstehen wird, ist offen. Neben Keller werden kurz- und mittelfristig auch Generalsekretär Friedrich Curtius, Schatzmeister Stephan Osnabrügge sowie Vize Koch die Kommandobrücke verlassen. Aus dem Präsidialausschuss bleibt nur Profi-Vize Peter Peters übrig.

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Keller werde sein Amt nach der Verhandlung vor dem DFB-Sportgericht am kommenden Montag zur Verfügung zu stellen, teilte der DFB nach einer außerordentlichen Sitzung des Präsidiums mit. Curtius soll Keller "nach einer Verständigung über eine Aufhebung seines Arbeitsvertrags" unmittelbar folgen. Koch und Peters werden den Verband vorübergehend als Interimspräsidenten leiten. Ziel sei es, einen "Übergang in ruhige Fahrwasser" zu ermöglichen. Koch wird nach dem nächsten Bundestag abtreten, genau wie Osnabrügge.

"Ich übernehme jetzt noch ein drittes (und definitiv letztes Mal) für eine sehr schwierige und auch nicht ganz kurze Zeit die Aufgabe der Interims-Präsidentschaft", teilte Koch auf Anfrage der Sportschau mit: "Und danach ist die Mitwirkung als haftender Vorstand des DFB gemäß Paragraph 26 BGB für mich definitiv beendet."

Die Anti-Korruptions-Expertin Sylvia Schenk begrüßte derweil den angekündigten Rücktritt Kellers und die personelle Neuausrichtung im DFB. "Das ist auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung. Für Keller war es der letzte Ausweg, noch einigermaßen mit Anstand aus der Nummer rauszukommen", sagte Schenk dem SID.

Der Druck auf Keller war in den vergangenen Tagen immer weiter gewachsen. Die DFB-Ethikkommission brachte seinen Fall gar vor das verbandsinterne Gericht. Dort wird sich in Keller zum ersten Mal ein Präsident verantworten müssen - auch weil der Widerstand der Landes- und Regionalverbände immer größer statt geringer wurde.

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Erst am Freitag wiederholten die Landesfürsten auf einer außerordentlich einberufenen Sitzung "eindringlich" ihre Aufforderung an Keller, "von seinem Amt zurückzutreten und damit weiteren Schaden vom DFB abzuwenden". Zudem solle das DFB-Präsidium eine Sitzung des Vorstands mit dem Tagesordnungspunkt "Enthebung von Fritz Keller (...) von seiner Tätigkeit als Präsident des Deutschen Fußball Bundes" einberufen. Die Aufforderung zum Rücktritt brachte eine klare Mehrheit: 33:0 bei drei Enthaltungen.

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Vor Keller hatte Curtius indirekt seinen Abschied angeboten. "Ich respektiere das Votum der Konferenz der Regional- und Landesverbände und nehme dieses sehr ernst", sagte der 44-Jährige: "Ich stehe für Gespräche zu konstruktiven Lösungen für den DFB jederzeit zur Verfügung, dies umfasst selbstverständlich auch meine Funktion." Nun wird auch Curtius gehen.

Seinem Rivalen Keller hatte Curtius ebenfalls den Abschied nahegelegt: "Mit ihrer sehr klaren Haltung zur inakzeptablen Freisler-Äußerung von Fritz Keller und ihrer Aufforderung zum Rücktritt hat die Konferenz ein deutliches Signal gegeben, wie sie sich einen Neuanfang an der Spitze des DFB vorstellt."

In den vergangenen Monaten stand Keller gemeinsam mit Curtius im Mittelpunkt eines Machtkampfes an der DFB-Spitze. Vor dem ehemaligen Klubchef des Bundesligisten SC Freiburg hatten bereits Wolfgang Niersbach und Reinhard Grindel vorzeitig den Posten als Chef des größten Einzelsportverbandes der Welt verlassen.

Im Gegensatz zu Curtius und Keller hatten die Chefs der Landesverbände Koch und Schatzmeister Stephan Osnabrügge mehrheitlich das Vertrauen ausgesprochen. Koch wird beim nächsten Ordentlichen Bundestag, der voraussichtlich auf Beginn des Jahres 2022 vorgezogen wird, trotzdem nicht mehr für das Amt des ersten Vizepräsidenten Amateure kandidieren, gleiches gilt für Osnabrügge.

Im Mittelpunkt des Konflikts der Führung stand ein undurchsichtiger und hochdotierter Vertrag mit einem Kommunikationsberater aus dem Jahr 2019. Koch, Curtius und Osnabrügge sollen diesen Vertrag auf den Weg gebracht haben.

Keller scheiterte bei seiner Aufgabe, den Verband zu befrieden. Dabei war er einstimmig zum 13. Chef des größten Einzelsportverbandes der Welt gewählt worden. Vor allem der Profibereich hatte große Hoffnungen in Keller gesetzt. Eine eigens eingesetzte Findungskommission des DFB hatte Keller als einzigen Kandidaten vorgeschlagen.

Nach den geräuschvollen und unrühmlichen Rücktritten seiner Vorgänger Niersbach und Grindel sollte Keller den Verband - wenn auch mit weniger Kompetenzen ausgestattet - wieder in ruhigere Fahrwasser führen. Doch besonders mit Curtius zerstritt sich Keller heillos. Dazu kamen die Probleme rund um die Corona-Pandemie und die Fragezeichen hinter der nach wie vor nicht aufgeklärten Affäre um die WM-Vergabe 2006.

(old/sid)
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