Schicksal hängt an Brandenburg Zuwanderung: Zuversicht für Mehrheit im Bundesrat

Berlin (rpo). Das Schicksal des rot-grünen Zuwanderungsgesetzes wird am Freitag im Bundesrat von Brandenburg abhängen. Die Zustimmung der von der PDS mitregierten Länder Berlin und Mecklenburg-Vorpommern gilt seit Mittwoch als weitgehend gesichert.

Allerdings hat nach der Billigung der Schweriner PDS-Fraktion die Partei noch Beratungsbedarf angemeldet.

Die endgültige Entscheidung der SPD/PDS-Regierung soll ähnlich wie bei der großen Koalition in Brandenburg erst am Freitagmorgen fallen. Die sozial-liberale Koalition in Rheinland- Pfalz will, wenn es nicht zu der gewünschten Vermittlung in Einzelpunkten kommt, zustimmen. Bundespräsident Johannes Rau forderte die Parteien zur Einigung im Streit um das Zuwanderungsgesetz auf.

Die Koalition in Potsdam, deren vier Stimmen ausschlaggebend sind, konnte sich bislang nicht auf eine gemeinsame Linie einigen. "Klarheit haben wir Freitag früh", sagte der stellvertretende Potsdamer Regierungssprecher, Manfred Füger, der dpa. CDU- Innenminister Jörg Schönbohm lehnt das Gesetz ab. Regierungschef Manfred Stolpe (SPD) hielt sich auch am Mittwoch bedeckt. "Wir haben volle Übereinstimmung in zwei Punkten: Deutschland braucht in absehbarer Zeit ein Zuwanderungsgesetz und eine funktionierende Koalitionsregierung darf nicht zwischen die Mühlsteine der Bundespolitik geraten", sagte er.

"Es liegt im Interesse unseres Landes, Integration und Zuwanderung zeitgemäß zu organisieren", sagte Rau der "Bild"-Zeitung (Donnerstag). "Ich appelliere deshalb an alle Parteien in dieser so wichtigen Frage eigene Interessen zurückzustellen und eine Einigung zu ermöglichen."

Auch wenn in der rot-grünen Koalition in Berlin inzwischen die Zuversicht wächst, sah Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) noch keine konkreten Hinweise auf eine Bundesrats-Mehrheit. "Es ist immer noch nur eine Hoffnung, dass wir es am Freitag beschließen", sagte Schröder.

Um das Zuwanderungsgesetz über die Hürden des Bundesrats zu bringen, ist die Bundesregierung angeblich zu weiteren finanziellen Zugeständnissen bereit. Nach Informationen der "Frankfurter Rundschau" hat sich Finanzminister Hans Eichel (SPD) auf eine stärkere Beteiligung an den Integrationskosten eingestellt.

Es gibt Bemühungen, den Wünschen von Rheinland-Pfalz und Brandenburg entgegenzukommen, die eine höhere Beteiligung des Bundes an den Integrationskosten fordern. Ein Sprecher des Finanzministeriums sagte zwar, ihm sei nichts von Absprachen bekannt. In Koalitionskreisen wird allerdings darauf verwiesen, dass es hier noch einen Spielraum gebe. Die Kosten der Integration sind nicht im Gesetz festgeschrieben. Einzelheiten sollen später in den Ausführungsvorschriften geregelt werden.

Der Sprecher des Innenministeriums, Rainer Lingenthal, sagte, erfahrungsgemäß fielen "bei derart komplexen Gesetzesvorhaben die entscheidenden Würfel kurz vor Ultimo". Der Bund sei den Ländern bei den Integrationskosten allerdings schon weit entgegengekommen und wolle jetzt zwei Drittel übernehmen. Die jährlichen Gesamtkosten für die Integration bezifferte Lingenthal auf 279 Millionen Euro. Darin sind auch 82 Millionen für die Sprachkurse von Spätaussiedlern enthalten, die komplett vom Bund getragen werden.

Die von der Union geforderten grundsätzlichen Änderungen lehnten führende Koalitionspolitiker erneut strikt ab. In der Koalition wird überlegt, wie das von der Union gewünschte Vermittlungsverfahren auf jeden Fall vermieden werden kann. Eine Möglichkeit wäre ein Entschließungsantrag des Bundesrats. Darin könnte der Bund den Landesregierungen in Mainz und Potsdam verbindliche Zusagen für die Erfüllung ihrer Nachforderungen machen. Solche Anträge hätten der Koalition auch in der Vergangenheit schon geholfen, "über die Runden zu kommen", sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD- Fraktion, Wilhelm Schmidt, in Berlin.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) appellierte an die Ministerpräsidenten, dem Zuwanderungsgesetz zuzustimmen. "Dieses Gesetz ist allemal besser als der jetzige Zustand", sagte der EKD- Ratsvorsitzende, Präses Manfred Kock, der dpa. Der Berliner Bevölkerungswissenschaftler Rainer Münz warnte vor gravierenden Nachteilen für Deutschland.

(RPO Archiv)
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