Barcelona Spanische Regierung will Abtreibung unter Strafe stellen

Barcelona · "Mein Bauch gehört mir. Nein zu klerikalen Gesetzen", steht auf dem Plakat, das eine Frau in der Innenstadt Barcelonas in die Höhe hält.

Barcelona: Spanische Regierung will Abtreibung unter Strafe stellen
Foto: Rodrigo Garcia

Sie protestiert mit Hunderten Frauen gegen die geplante Verschärfung des Abtreibungsgesetzes. Auch an diesem Wochenende wollen sie auf die Straße gehen — und gegen die Dominanz der katholischen Kirche demonstrieren.

Sie zeigt sich in Spanien selten so offensichtlich wie zurzeit. Die Regierung unter Ministerpräsident Mariano Rajoy will den erzkonservativen Kräften im Land entgegenkommen und Schwangerschaftsabbrüche wieder strafbar machen. Vor der Weihnachtspause segnete die konservative Volkspartei (PP) einen Gesetzentwurf ab, der Abtreibungen nur in Ausnahmefällen erlaubt: wenn die betroffene Frau vergewaltigt wurde oder wenn ihr durch eine Schwangerschaft schwerer gesundheitlicher Schaden droht.

Erst 2010 wurde das Abtreibungsgesetz liberalisiert. Seither können Frauen bis zur 14. Woche ohne Nennung von Gründen straffrei abtreiben. Die meisten Spanier wollen, dass das so bleibt. Die Änderung des Gesetzes sei "unnötig", antworteten 78 Prozent der Befragten bei einer Umfrage der Zeitung "El País".

Die treibende Kraft hinter der geplanten Gesetzesverschärfung ist Justizminister Alberto Ruiz-Gallardón. Der frühere Bürgermeister von Madrid stand lange im Ruf, zum liberalen Flügel der PP zu gehören. Doch seit er ins Justizressort berufen wurde, haben sich seine Ansichten geändert. "Kein Schrei und keine Beleidigung wird diesen Minister davon abbringen, das Recht der Frauen und der Leibesfrucht zu regulieren", sagt er.

Abtreibungen waren bis 1985 in Spanien verboten, wurden dann jedoch von der Regierung des Sozialisten Felipe González unter bestimmten Voraussetzungen wieder erlaubt. Das will die jetzige Regierung wieder ändern. Selbst bei schwerer Missbildung des Fötus würden die Frauen künftig gezwungen sein, das Kind auszutragen. Und Minderjährige brauchten selbst im Falle einer Vergewaltigung die elterliche Einwilligung für eine Abtreibung. Mit rund 120 000 Abtreibungen pro Jahr liegt Spanien nach eigenen Angaben über dem Europa-Durchschnitt. Das Gesetz soll auch die Stammwählerschaft stärker an Rajoy binden, die sich nach zwei Jahren Krise abzuwenden droht.

Doch es rumort auch innerhalb der PP, die in beiden Parlamentskammern die absolute Mehrheit hat. "Mir würde es nicht gefallen, zusehen zu müssen, wie Personen eine Grenze überqueren, um dort etwas vorzunehmen, was in meinem Land nicht möglich ist", erinnert der konservative Regierungschef in Galicien, Alberto Núñez Feijóo, an die Zeiten vor dem ersten Abtreibungsgesetz 1985.

Unsere Autorin ist zur Zeit im Rahmen eines journalistischen Austauschprogramms in Barcelona. Ihre Erlebnisse, schildert sie auch in ihrem Blog: blog.goethe.de/nahaufnahme/

(RP)
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