Röttgen greift Laschet an

In seinem Brief an die CDU-Kreisvorsitzenden und Funktionsträger wendet sich der Bundesumweltminister dagegen, dass "einige wenige Personen" versuchen, "Posten unter sich aufzuteilen". Die Attacke zielt auch gegen Armin Laschet, der ebenfalls Chef der Landespartei werden will.

Düsseldorf/Berlin Norbert Röttgen achtet strikt auf die politische "Kleiderordnung" – nicht zuletzt, um sich auch auf diese Weise von seinem Mitbewerber um das Amt des CDU-Landesvorsitzenden, Armin Laschet, abzusetzen. Laschet hatte vor knapp zwei Wochen öffentlich seine Kandidatur bekanntgegeben und erst dann den 54 Kreisgeschäftsführern eine schriftliche Erklärung zukommen lassen. Röttgen macht es umgekehrt: Bereits gestern erhielten die Funktionsträger der NRW-CDU von ihm ein Schreiben mit Erläuterungen zu seiner Bewerbung als neuer Chef der NRW-CDU. Erst heute begibt er sich in die Öffentlichkeit und stellt sich in der Düsseldorfer CDU-Zentrale den Fragen der Pressevertreter.

Einer wird bei all dem Rummel nicht dabei sein: der noch amtierende CDU-Landesvorsitzende Jürgen Rüttgers. Nach eigenen Worten wollte er den personellen Übergang "moderieren", doch in Parteikreisen wird kolportiert, dass ihm das weitere Verfahren "entglitten" sei. Dem Vernehmen nach macht Rüttgers mit seiner Familie weiter Urlaub im südfranzösischen Ferienhaus, während Norbert Röttgen auf der Pressekonferenz in der Düsseldorfer Wasserstraße mit dem Anspruch antritt, im Falle seiner Wahl auch Spitzenkandidat für die Landtagswahl zu sein.

Wird er sich bei einer Mitgliederbefragung gegen Laschet durchsetzen? Der Vorsitzende der Ruhr-CDU, Oliver Wittke, hatte dem engeren Führungskreis "Kungelei" vorgeworfen, weil Laschet Parteichef werden und Röttgen mit dem Posten des Bundes-Vize ruhiggestellt werden sollte – eine Rechnung, die nicht aufging. In seinem Brief wendet sich Röttgen ausdrücklich dagegen, "dass einige wenige Personen Posten unter sich aufteilen".

Offenbar will der Bundespolitiker nichts dem Zufall überlassen. In der Bundestagsfraktion formieren sich die Truppen, die Röttgen den Rücken stärken. Fraktionsvize Christian Ruck hat nach Informationen unserer Zeitung ein Papier verfasst, das sich klar hinter Röttgens Politik stellt. Es sei zwar "bedauerlich", schreibt Ruck, dass die aktuelle Diskussion über eine Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke die "viel wichtigere Diskussion über den notwendigen Umbau unserer Industriegesellschaft" überlagere. Dennoch müsse jetzt gehandelt werden. Und deshalb verdiene Röttgen "Unterstützung für seinen umweltpolitisch anspruchsvollen Kurs". Die Vorreiterrolle Deutschlands bei Umwelt- und Klima-Technologien sei der richtige Ansatz. Die Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke sei "keine Glaubensfrage, sondern eine Frage, die im großen Zusammenhang unserer zukünftigen Entwicklung als Industrienation beantwortet werden muss".

Auch der ehemalige NRW-Verkehrsminister Lutz Lienenkämper schätzt eigenen Worten zufolge "die intellektuellen Fähigkeiten" Röttgens. Gleichwohl bevorzuge er in der jetzigen Situation eine NRW-Lösung mit Laschet als Parteichef. Andere Kreisvorsitzende wie Marcus Optendrenk (Kreis Viersen), Ursula Monheim (Leverkusen) oder Thomas Mahlberg geben sich zurückhaltender. Für Kreisparteichef Michael Schindowski (Leichlingen) liegt Laschet "eine Nasenspitze vor Röttgen". Der Bundestagsabgeordnete Günter Krings (Mönchengladbach) äußert eine "klare Präferenz für Norbert Röttgen, mit dem ich in Berlin seit acht Jahren zusammenarbeite. Ich schätze ihn als einen analytischen Politiker, der seine Positionen gründlich zu begründen versteht. Er steht für die wesentlichen Inhalte der CDU."

Der Europaparlamentarier Klaus-Heiner Lehne, Vorsitzender des Kreisverbands Düsseldorf, findet zwar, dass Laschet wie Röttgen einen guten Landesvorsitzenden abgeben würden. "Meine Priorität und meine überwiegende Sympathie liegt jedoch bei Laschet", betont der 52-Jährige. Laschet kenne er bereits sehr lange, habe mit ihm im Europaparlament sehr gut zusammengearbeitet. "Ich hätte lieber dieses Duell vermieden, aber da es nun zwei Kandidaten gibt, ist eine Mitgliederbefragung das einzig sinnvolle Instrument."

Internet Fotos und Porträts der Protagonisten unter www.rp-online.de/politik

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