Kanadas kommerzielle Robbenjagd vor dem Aus

Der britische Sänger Morrissey ist bekanntlich ein Mann der klaren Worte. Die Royals beschimpft er gerne als Schnorrer, Fleischesser hält er für Mörder und über viele Musikerkollegen zieht er mit zynischen Kommentaren her. Nun hat sich der provokative Künstler ein neues Objekt für seine beißende Kritik ausgesucht: die kanadische Fischereiministerin Gail Shea, denn die ist für die in Kanada jedes Frühjahr stattfindende Robbenjagd verantwortlich.

Das Töten der Robben sei "gierig und barbarisch" und die Jagd ein "Massaker", polterte Morrissey und zog gar Parallelen zum Konzentrationslager in Auschwitz. Die gemeinhin sehr höfliche Ministerin feuerte umgehend zurück. Morrissey sei wohl der "Gehirnwäsche" unterzogen worden, habe von den Nöten der kanadischen Fischer keine Ahnung und lebe offenbar "im Elfenbeinturm von Hollywood".

Wegen der negativen Publicity spielt die Robbenjagd in Kanada freilich längst nicht mehr die Rolle wie noch vor einem Jahrzehnt, obwohl sich die Zahl der Robben im Atlantik laut Regierung seit den 1970er Jahren verdreifacht hat. 400 000 Sattelrobben hat Ministerin Shea in dieser Saison zum Abschuss freigegeben - doch die Jäger werden mangels Nachfrage wie schon in den letzten Jahren voraussichtlich nur einen kleinen Bruchteil der offiziellen Quote realisieren können. In Kanada rechnet man mit etwa 60 000 Tieren.

Seit die EU und Russland den Handel mit Robbenprodukten verboten haben, sind den Jägern schlicht die Märkte weggebrochen. Der Preis für ein Fell ist von einst über 100 Dollar auf unter 13 Dollar abgesackt. Statt einst über 1000 Boote werden in diesem Jahr nur noch etwa 30 an dem blutigen Ritual teilnehmen. Die Industrie wird nur noch durch Subventionen notdürftig am Leben erhalten.

Zwar ficht Kanada das Verbot der EU vor der Welthandelsorganisation WTO an. Doch in der ersten Verhandlungsrunde erlitt Gail Shea zuletzt eine krachende Niederlage.

(RP)
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