Washington IWF veröffentlicht pessimistische Griechenland-Analyse

Washington · Griechenland benötigt einem Vertreter des Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge einen umfangreicheren Schuldenschnitt als derzeit von den europäischen Regierungen anvisiert. Nur dann habe die Wirtschaft des Landes eine Chance, sich zu erholen und mit der Zeit auf eigene Beine zu kommen, sagte ein hochrangiger IWF-Vertreter. Die derzeitige Schuldensituation sei "unhaltbar".

Dies geht auch aus einer IWF-Studie hervor, auf die die Nachrichtenagentur Reuters Zugriff hat, und über die ebenfalls "Zeit Online" berichtet. Der IWF schlägt demnach drei Optionen vor: Die Verlängerung der Zeit, in der das Land keine Schulden an die europäischen Partner zurückzahlen muss, von zehn auf 30 Jahre, zweitens jährliche Transferleistungen an Griechenland, und drittens einen Schuldenerlass.

Schon jetzt liege die Schuldenquote Griechenlands bei 175 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), heißt es in dem IWF-Papier. Sie werde sich in den kommenden beiden Jahren 200 Prozent nähern.

Griechenland und die anderen Euro-Länder hatten sich am Montag auf die Umrisse eines weiteren Hilfspakets im Umfang von bis zu 86 Milliarden Euro geeinigt.

Außerdem warnen die IWF-Ökonomen davor, dass im Falle einer weiteren Verschlechterung der griechischen Wirtschaftslage der Finanzbedarf des Landes für die kommenden Jahre noch höher ausfallen könnte als angenommen.

Insbesondere bezweifeln sie, dass Griechenland in den kommenden Jahrzehnten im Haushalt regelmäßig einen Primärüberschuss von 3,5 Prozent erwirtschaften kann. In der Vergangenheit hätten das nur wenige Länder geschafft. Griechenland habe zudem zuletzt versagt, dem politischen Druck zu widerstehen, das Ziel zu senken, sobald im Haushalt ein Überschuss erzielt wurde. Das lasse "Zweifel an der Annahme aufkommen, dass solche Ziele über einen ausgedehnten Zeitraum erreicht werden können". Allerdings gebe es keine Alternative, als ihn zu akzeptieren, um wirtschaftliches Chaos zu vermeiden.

Ambitioniert sei auch die Annahme, dass Griechenland das Produktivitätswachstum sowie die Beschäftigungsrate stark steigern könnte. Griechenland gehöre derzeit bei diesen Werten zu den Schlechtesten der Eurozone und müsste zur Spitzengruppe aufsteigen. Hierzu seien umfassende Strukturreformen notwendig.

Deutlich längere Kredit-Laufzeiten sind aus Sicht der Bundesregierung eine Option, um die Schuldenlast in Griechenland auf ein tragfähiges Niveau zu drücken. Die Möglichkeit bestehe technisch. "Das ist sicher ein Element, das man in Betracht ziehen kann", sagte ein Sprecher des Finanzministeriums. Dies werde aber nicht die Lösung sein, wenn es zum signifikanten Barwertverlust führe. "Dann hätten wir am Ende nichts anderes als einen Schuldenschnitt durch die Hintertür."

(RP)
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