Berlin Flüchtlingsstrom: Länder schlagen Alarm

Berlin · Die Länder fordern mehr Geld vom Bund für Asylbewerber und ab 2020 einen höheren Steueranteil.

Parteiübergreifend waren sich die Ministerpräsidenten der Länder gestern bei ihrer Konferenz einig, dass der Bund sich noch stärker an den Kosten für die steigende Zahl an Asylbewerbern beteiligen muss. Die Regierungschefs seien "der Meinung, dass dies eine gesamtstaatliche, nationale Aufgabe ist, die wir gemeinsam bewältigen müssen", sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, der brandenburgische Regierungschef Dietmar Woidke (SPD). Die Herausforderungen der steigenden Flüchtlingszahlen könnten nur bewältigt werden, "wenn wir Solidarität untereinander zeigen", sagte Woidke.

Die Regierungschefs der Länder rechnen damit, dass die Flüchtlingszahlen in diesem Jahr im Vergleich zu 2014 noch einmal steigen werden. Und schon im vergangenen Jahr lagen sie so hoch wie seit Anfang der 90er Jahre nicht mehr.

2014 beantragten 200 000 Menschen Asyl in Deutschland. Das zuständige Bundesamt für Migration rechnet in diesem Jahr mit rund 300 000 Anträgen. Die Länder gehen davon aus, dass es sogar noch deutlich mehr werden. Die Zahl könnte den Schätzungen zufolge auf 500 000 steigen. In den ersten sieben Wochen des Jahres waren es schon 60 000.

In der vergangenen Woche gab es bereits eine Auseinandersetzung zwischen Bund und Ländern, ob die offiziellen Schätzzahlen nach oben korrigiert werden müssen. Dahinter steht der Streit, ob der Bund mehr Gelder für die Länder und Kommunen bereitstellen muss, die die Flüchtlinge versorgen. Die Länder bekommen bereits jeweils 500 Millionen Euro extra für 2015 und 2016. "Ich glaube, dass der Bund die Situation in den Kommunen und Ländern deutlich unterschätzt", sagte Woidke. Die Länder kritisieren, dass der Bund zu lange braucht, um Asylanträge zu bearbeiten.

Einig sind die Länder auch darüber, dass der Bund ab 2020 zehn Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung stellen muss, damit die Bund-Länder-Finanzreform gelingt. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte aber kürzlich den Plan von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gestoppt, den Solidaritätszuschlag ab 2020 in die Einkommensteuer zu integrieren. Den Ländern wären so zusätzlich etwa neun bis zehn Milliarden zugeflossen. Diesen Betrag soll Schäuble nun kompensieren, etwa über einen höheren Anteil der Länder am Umsatzsteueraufkommen, forderten die Ministerpräsidenten. Die Summe sei erforderlich, um eine auskömmliche Finanzierung zu gewährleisten, sagte Woidke. Der Bund müsse neue Vorschläge machen. Dann könnte bis zum Sommer eine Einigung erzielt werden. In der zweiten Hälfte des Jahres sollen die Gesetze für die neuen Bund-Länder-Finanzbeziehungen verhandelt werden.

(mar / qua)
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