Zwangsabgabe von über 20 Prozent für Reiche? Zyperns Rettung nimmt Gestalt an

Nikosia · Das zyprische Parlament hat endlich erste Schritte zur Rettung des Landes vor dem Staatsbankrott beschlossen. So soll etwa die Laiki Bank aufgespalten werden. Eine Entscheidung über die umstrittene Zwangsabgabe auf Bankeinlagen steht aber noch aus. Bis zu 22 Prozent von hohen Einlagen sind im Gespräch.

Die Entscheidung über die umstrittenen Abgaben auf Bankguthaben werde vermutlich noch an diesem Samstag, spätestens aber am Sonntag fallen, hieß es am späten Freitagabend in Nikosia.

Die Stimmung in Nikosia war am Samstag bedrückt. "Das Wort hat jetzt Brüssel", titelte die konservative Zeitung "Simerini." Am Sonntag soll die Eurogruppe in Brüssel tagen. Möglich ist, dass nach der Billigung der Zwangsabgabe Zyperns Präsident Anastasiades und politische Führer der Insel nach Brüssel fliegen. "Eine Einladung liegt vor", berichtete die liberale Zeitung "Politis."

Am Montag will die Europäische Zentralbank den maroden Banken den Geldhahn abdrehen, falls kein Rettungspaket steht.

Das Parlament in Nikosia billigte am Freitagabend mehrheitlich Einschränkungen im Kapitalverkehr, um ein Abfließen der Gelder ins Ausland zu verhindern. Auf den Konten der zyprischen Banken liegen fast 70 Milliarden Euro, davon viel Geld reicher Russen und Briten. Außerdem wurde die Bildung eines Solidaritätsfonds zur Rekapitalisierung der Geldhäuser beschlossen. Zudem soll eine der großen Banken (Laiki Bank) in ein reguläres Institut und eine sogenannte Bad Bank aufgespalten werden.

Wie das Staatsfernsehen berichtete, soll die anvisierte Zwangsabgabe für Spareinlagen über 100.000 Euro nun zwischen 22 und 25 Prozent betragen. Betroffen davon sollen aber nur Konten bei der Cyprus Bank sein, dem größten Finanzinstitut des Landes, wo die meisten Ausländer ihre Gelder geparkt haben. Zuletzt war von einer 15-prozentigen und davor von einer 7-Prozent-Abgabe die Rede; am vergangenen Dienstag hatten die Abgeordneten noch jede Zwangsabgabe auf Bankguthaben abgelehnt.

Barroso sagt mehrere Termine ab

Wegen der Zypern-Krise gerät auch der Terminkalender der EU durcheinander. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy kündigten an, den für nächste Woche geplanten EU-Japan-Gipfel zu verschieben. Einen geplanten Besuch in der Mongolei sagte Barroso ebenfalls vorerst ab. "Die laufenden Bemühungen, eine Lösung für die finanzielle Situation in Zypern zu finden, erfordern unsere Anwesenheit in Brüssel", teilten Barroso und Van Rompuy in einer Erklärung mit.

Der zyprische Regierungssprecher Christos Stylianides sprach von den wichtigsten und dramatischsten Stunden in der Geschichte des Inselstaates. Er äußerte sich vorsichtig optimistisch, dass es bald eine Lösung geben könnte, die für Zypern "einen Neustart" bedeuten würde. Auch der stellvertretende Präsident der konservativen Partei Demokratische Gesamtbewegung (DISY), Averof Neofytou, sagte: "Wir sind auf gutem Wege."

Das EU-Land muss eine Eigenleistung von 5,8 Milliarden Euro zusammenbringen, um von den internationalen Geldgebern - Europäischer Union, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds - Nothilfen von zehn Milliarden Euro zu bekommen.

Die EU bereitet sich auf die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen in Zypern vor, was es in Europa noch nie gab. Am Sonntag oder Montag könnte es weitere Krisengespräche der Euro-Finanzminister geben.

(dpa/jre/csi)
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