Vom Staatsbankrott bedrohter Inselstaat Zyperns Parlament stimmt Solidaritätsfonds zu

Nikosia · Das zyprische Parlament hat am Freitagabend Teile eines Maßnahmenpakets verabschiedet, mit dem der Weg für internationale Finanzhilfen für das von der Pleite bedrohte Land freigemacht werden soll. Die Abgeordneten stimmten der Schaffung eines Solidaritätsfonds über staatliche Vermögenswerte zu.

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Foto: dpa, Katia Christodoulou

Dieser soll die Grundlage zur Ausgabe von Notanleihen werden. Außerdem ermächtigten sie die Regierung, Kapitalverkehrskontrollen zu verhängen.
Die Europäische Union hat Zypern eine Frist bis Montag gesetzt, um eine Eigenbeteiligung von 5,8 Milliarden Euro aufzutreiben. Diese Summe ist Bedingung dafür, dass das Land zehn Milliarden Euro an Hilfskrediten erhält. Ansonsten steht das Land vor der Pleite. Ein erstes Hilfspaket, das eine Sonderabgabe auf Bankeinlagen vorsah, hatte das zyprische Parlament am Dienstag abgelehnt.

Zur Vermeidung des Staatsbankrotts in Zypern ist nach Informationen des zyprischen Fernsehens nunmehr eine Zwangsabgabe von 15 Prozent auf Guthaben von mehr als 100.000 Euro im Gespräch.

Das Fernsehen berichtete am Freitagabend, diese Abgabe gehöre zu dem jüngsten Konzept der Regierung, um den in der kommenden Woche drohenden Bankrott zu vermeiden. Am Dienstag hatte das zyprische Parlament eine Abgabe auf alle Guthaben abgelehnt.

Präsident Nikos Anastasiades bereitete die Bevölkerung auf "schmerzhafte" Schritte vor. "Das Parlament wird bald gebeten werden, schwierige Entscheidungen zu treffen", twitterte der Präsident. "Einige Aspekte werden schmerzhaft sein, aber das Land muss gerettet werden". Für Freitagabend war eine weitere Sitzung des Parlaments geplant.

Die zyprische Regierung stehe in "harten Verhandlungen" mit der Gläubiger-Troika, sagte Regierungssprecher Christos Stilianides. "Das wird alle etwas kosten." Finanzminister Michalis Sarris, der in Moskau zwei Tage lang vergeblich um russische Unterstützung geworben hatte, bestätigte, dass nun wieder das Modell der Zwangsabgabe herangezogen werden müsse.

Offenbar Abwicklung der Laiki-Bank erwogen

Neben der Zwangsabgabe auf Guthaben wird nach Informationen des Düsseldorfer "Handelsblatts" auch die Abwicklung eines Teils der Laiki-Bank erwogen. In diesem Falle würden die Verluste der betroffenen Inhaber von Guthaben vermutlich noch höher ausfallen, der Finanzbedarf zur Rettung des Bankensektors aber verringert.

Der frühere Zentralbankchef Zyperns, Athanasios Orphanides, warf den großen EU-Ländern, allen voran Deutschland, vor, die Wirtschaft seines Landes zu zerstören. "Wenn die deutsche Regierung darauf beharrt, dass jede Lösung derart ist, dass sie das Wirtschaftsmodell (Zyperns) zerstört, lautet meine Frage: Wer ist der nächste? Luxemburg? Malta?", sagte Orphanides.

Warnungen aus Deutschland

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warnte Zypern vor einem Banken- und Staatsbankrott. Schäuble sagte der "Bild" (Samstagsausgabe), die Europäische Zentralbank (EZB) habe klar angekündigt, dass sie die Versorgung der beiden zyprischen Großbanken mit Liquidität einstellen müsse, wenn es bis Montag "keine ernsthafte Aussicht auf ein Programm für Zypern gibt".

Zwischenzeitlich versuchte die Regierung in Zypern, Troika aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und EZB für das Modell eines Fonds zu gewinnen, der unter anderem mit Mitteln aus der Rentenkasse und von der orthodoxen Kirche in Zypern gespeist werden und Anleihen ausgeben sollte.

Diese Idee wurde jedoch bei den Gebern mit Skepsis aufgenommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnte eine Belastung der Rentenkassen des Landes ab.

(rtr/AFP/das)
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