Streit vor dem EU-Gipfel Wer passt auf die Griechen auf?

Brüssel · Es ist der erste Euro-Gipfel des neuen Jahres. Alt hingegen sind die Probleme und Umstände des Spitzentreffens in Brüssel. Wieder mal geht es um die Griechen, wieder mal gibt es Streit. Dieses Mal stehen die Deutschen für ihren Vorschlag in der Kritik, einen "Spar-Kommissar" nach Athen zu schicken. Neue Hiobsbotschaften aus Griechenland geben den Deutschen indes Schützenhilfe.

 Jorgo Chatzimarkakis (FDP) regt die Bildung einer hellenischen Kampfgruppe an.

Jorgo Chatzimarkakis (FDP) regt die Bildung einer hellenischen Kampfgruppe an.

Foto: ddp

Die Forderung der Bundesregierung nach einem "Sparkommissar" für Griechenland hat vor dem EU-Gipfel heftige Kritik anderer EU-Länder hervorgerufen. "Griechenland hat harte Bedingungen zu erfüllen, es ist für die Griechen sicher nicht leicht", sagte der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann vor dem Treffen. "Aber beleidigen muss man niemanden in der Politik. Das bringt nichts und das führt nur in die falsche Richtung."

Die Bundesregierung hatte den anderen Euro-Ländern ein Papier mit Vorschlägen zukommenlassen, wie die griechische Regierung künftig zur Einhaltung von Spar- und Reformzielen gezwungen werden kann. In dem Papier wird die Einsetzung eines "Sparkommissars" zur Haushaltskontrolle in Athen gefordert. Zudem solle der griechische Staat Einnahmen zunächst zur Schuldentilgung verwenden, bevor andere Ausgaben getätigt werden können. Das Wort "Aufpasser" machte die Runde.

Luftnummer bei Privatisierung

Einem Medienbericht zufolge basiert der aktuelle Sparplan der Griechen auf einer Luftnummer. Einem Bericht von "Spiegel Online" zufolge, stellte der Chef der griechischen Privatisierungsbehörde am Sonntagabend einen Zwischenbericht vor. Für das Jahr 2012 rechnet Jannis Koukiadis mit Erlösen von 4,7 Milliarden Euro. Offenbar besteht kaum Interesse an Unternehmen und Immobilien aus Staatsbesitz. Fachleute überrascht dies nicht.

Das Problem: Die Erlöse aus den versprochenen Privatisierungen sollten den Athener Finanzplanungen zufolge bis zum Jahr 2015 stolze 50 Milliarden Euro in die Kassen spülen. Diese Zahl schrieben die Griechen sogar ein Gesetz, das den anderen Euroländern, der EZB und dem IWF beweisen sollte, wie ernst es den Griechen mit dem Sparen ist. Schon jetzt zeichnet sich ab: Diese Einnahmen von 50 Milliarden Euro wird es nicht geben. Die Schätzung entpuppte sich im besten Fall als Luftnummer, im schlimmsten Fall als Täuschung der Partner. Woher das fehlende Geld nun kommen soll? Achselzucken in Hellas.

"Deutschland muss vorsichtiger sein"

Dennoch steht Deutschland für seinen Vorschlag am Pranger. Auch aus Luxemburg kam heftige Kritik. Es müsse darauf geachtet werden, die Griechen "nicht mehr als nötig zu verletzen", sagte der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn. "Diese Drohungen gehen in die falsche Richtung." Es stehe allenfalls den europäischen Institutionen, nicht aber den deutschen Politikern zu, eine Vormundschaft für Griechenland zu fordern. "Das größte Land der EU, Deutschland, muss in seinen Äußerungen vorsichtiger sein", mahnte Asselborn die Regierung in Berlin.

Der liberale EU-Abgeordnete Jorgo Chatzimarkakis setzt sich für eine neue Strategie ein. Der Aufbau einer hellenischen Kampfgruppe aus Brüssel zur "Verwaltungssoforthilfe": 500 der 2500 Brüsseler EU-Beamte mit griechischer Nationalität will er für zwei bis fünf Jahre zurück in die Heimat entsenden, finanziert von der EU. "Das würde die griechische Verfassung erlauben." Und Papademos selbst könnte das Heft in der Hand behalten. Chatzimarkakis hat schon vorgetastet und eine Kerntruppe zusammengetrommelt. "Die Hälfte ist bereit zu gehen", so der FDP-Politiker.

Polen drohen

Auf dem Gipfel in Brüssel sollen auch der Vertrag für den künftigen Euro-Rettungsfonds und den Pakt für Haushaltsdisziplin beschlossen werden. Um den sogenannten Fiskalpakt gab es jedoch kurz vor Gipfelbeginn noch Streit. Polens Ministerpräsident Donald Tusk bekräftigte in Brüssel seine Drohung, den Pakt nicht zu unterzeichnen, wenn die Nicht-Euro-Länder nicht stärker in Entscheidungen eingebunden würden.

(AFP/RTR/DAPD/csi)
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